50 Jahre im Dienst der Dampflok

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Als 1972 die Werke Lingen (Ems) und Offenburg zur Schließung anstanden, wurde dem AW Braunschweig ein großes Kontingent von Güterzugloks der Reihen 050-053 (bis 1968: 50) zugeordnet, von denen die Bundesbahn noch etwa 650 Stück besaß. Da 1974 auch das AW Trier die Dampflok-Unterhaltung aufgab, avancierte in der zweiten Jahreshälfte das Braunschweiger Werk zum einzigen Dampflok-AW der DB!

Trotzdem konnte bald darauf das Werk nicht mehr wirklich ausgelastet werden, so dass man 1975 zahlreiche ausgemusterte Loks aus vielen Teilen der Bundesrepublik nach Braunschweig schleppte, um das dortige Personal auch mit Verschrottungsarbeiten zu beschäftigen. In den Jahren 1975/76 versetzte man den überwiegenden Teil der Beschäftigten zum AW Hannover-Leinhausen (Wagen-Ausbesserung).

Die letzte Arbeit an einer Dampflok im AW Braunschweig war die äußerliche Auffrischung der Schnellzuglok 01 1063, die am 28. April 1977 als Denkmal für die Dampflokzeit am Hauptbahnhof Braunschweig aufgestellt wurde. Dort steht sie noch heute – leider in einem erbarmungswürdigem Zustand.

Am 10. Mai 1977 hätte das AW Braunschweig „theoretisch“ noch sein 50-jähriges Jubiläum feiern können, es war aber bereits leer geräumt …

Diverse Folgenutzungen
In der Gegenwart stellt sich das ehemalige AW Braunschweig – 85 Jahre nach seiner Arbeitsaufnahme und 35 Jahre nach dem Ende – als vielfältig umgenutzter Werkskomplex dar, dessen sichtbare Hauptmerkmale die zwei großen Hallen (Richthalle und frühere Kesselschmiede), der vormalige Anheizschuppen West sowie die langen Begrenzungsmauern sind.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, sämtliche Folgenutzungen der vergangenen 35 Jahre aufzuführen. Daher sollen hier nur die gegenwärtig wichtigsten genannt werden:
–    Das Gebäude der schon um 1960 stillgelegten Kesselschmiede wird neuerdings als Buchlager für den Braunschweiger Verlag Georg Westermann genutzt.
–    Auf dem südlich anschließenden Gelände arbeitet bereits seit 1974 das Eisenbahn-Betonschwellenwerk der Fa. Leonhard Moll.
–    Im vormaligen Anheizschuppen West und auf dem benachbarten Gleisbereich unterhält der Verein Braunschweiger Verkehrsfreunde (VBV) seit 1978 sein Eisenbahnmuseum mit der aktuellen Bezeichnung „LokPark“.
–    Im südlichen Seitentrakt der Richthalle und dem anschließenden Freibereich befindet sich eine Formsignal-Werkstatt des Signalwerkes Wuppertal der DB Netz AG.

In eisenbahnhistorischer Hinsicht besonders bemerkenswert erscheint der Tatbestand, dass seit dem Frühjahr 2011 der Konzern Alstom den überwiegenden Teil der Richthalle als Reparaturwerk für Elektro- und Dieseltriebfahrzeuge diverser Bahngesellschaften nutzt. Insofern erfährt hier die Geschichte des AW Braunschweig eine sehr sinnvolle Fortsetzung!


Von Dietmar Falk

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 07/12.
 

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