960 Millionen Euro

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Die Landesregierung erklärte sich bereit, die Mehrkosten zu tragen, nicht ahnend, dass der sächsische Steuerzahler eine halbe Milliarde Euro beitragen muss (498 statt 182 Millionen Euro = ein Plus von 1 73,62 Prozent), während die anderen Beteiligten mit vergleichsweise geringen Beträgen davon kommen. Die Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen (Bündnis 90/Die Grünen) meint dazu: „Mit diesem Geld hätte man das gesamte sächsische Bahnnetz ertüchtigen können.“

KEIN WUTBÜRGER IN LEIPZIG

Obwohl der Tunnelbau eine ingenieurtechnische Meisterleistung ist, wird der Wert für die S-Bahn- Fahrer bezweifelt, denn nur die in der Nord-Süd- Richtung und besonders die Durchfahrer haben den Vorteil einer Reisezeitverkürzung; für die der Ost-West-Richtung ist nichts gewonnen.

Trotzdem blieb das gesamte Vorhaben, anders als in Stuttgart, von Massenprotesten der Bürger verschont. Geduldig wurden auch die zahlreichen Verkehrseinschränkungen ertragen, wenn beispielsweise wegen der unterschiedlichen Bauzustände die Software in den elektronischen Stellwerken angepasst werden musste und der Hauptbahnhof mitunter das gesamte Wochenende lahmgelegt war.

Im Oktober 2009 sollte der Tunnel in Betrieb genommen werden. Doch Fehlplanungen und geologische Überraschungen im Untergrund verlängerten die Bauzeit um vier Jahre und trieben die Kosten auf 960 Millionen Euro in die Höhe. Zumindest im Landtag war unter Oppositionsabgeordneten vom „Milliardengrab“ die Rede. Sie meinten auch, das Vorhaben sei von Anfang an kleingerechnet worden, um es politisch durchsetzen zu können.

DIE VERÄNDERUNG IM UMFELD DES TUNNELS

Die neue Strecke umfasst den Teil nördlich des Hauptbahnhofes Leipzig, den City-Tunnel Leipzig (= Bahnhofsteil des Hauptbahnhofs) sowie die anschließende Südanbindung. Im Zusammenhang mit dem CTL waren umfangreiche Arbeiten auf dem Hauptbahnhof notwendig, um die Tunnel ausgänge der West- und Nordrampe in die vorhandene bzw. zu verändernde Gleisanlage einzubinden.

Zum Beispiel wurde auf der Westseite ein Kreuzungsbauwerk errichtet, um die Strecken von Leipzig-Wahren und Leipzig-Leutzsch niveaufrei zum Tunnel führen zu können. Die Eisenbahnüberführungen über die Parthe, die Rackwitzer Straße und die Berliner Straße wurden neu gebaut und die Tunnelstrecke bis in den Nordkopf des Bahnhofs eingebunden.

An dieser Strecke wurde der Bahnhofsteil Leipzig Nord, Berliner Straße neu gebaut. Aus Sicht der Netzentwicklung wurde mit dem CTL ein Lückenschluss geschaffen, der den Betriebsablauf im Leipziger Knoten verbessern wird. Im südlichen Zulauf wurde das Netz zwischen Engelsdorf und Gaschwitz an die betrieblichen Bedürfnisse des neuen Konzepts für den Nahverkehr im Großraum Leipzig angepasst.

Der Verbindungsbogen Leipzig-Stötteritz – Borsdorf verknüpft das Stadtzentrum zu einer durchgängigen radialen Verbindung. Vor dem Hauptbahnhof wurde eine niveaufreie Kreuzung der Strecke nach Großkorbetha/Miltitzer Allee und Schkeuditz/Halle (Saale) mit der aus der CTL-Nord rampe in die Richtungen Delitzsch – Berlin und Flughafen Leipzig/Halle – Neubaustrecke nach Erfurt hergestellt.

Südlich des Bahnhofsteils Leipzig MDR schließen die Strecken nach Connewitz und nach Tabakmühle (Teil von Leipzig-Stötteritz) je zwei - gleisig und niveaufrei an.

Von der Betriebszentrale Leipzig werden das zuständige elektronische Stellwerk ESTW-UZ Leipzig Hbf für den Abschnitt Hbf – Bahnhofsteil Wilhelm- Leuschner-Platz sowie ESTW-A Semmelweißstraße für den Abschnitt Stötteritz/Connewitz – Bahnhofsteil Bayrischer Bahnhof bedient.

Das elektronische Stellwerk ESTW-ZU Leipzig Ost (alle genannten Bauart Thales) steuert die Betriebsstellen Abzweigstelle Leipzig-Anger, Bahnhof Leipzig- Stötteritz und Bahnhof Leipzig-Connewitz. Ehe gefeiert wurde, fanden vom 29. September 2013 an die Probefahrten, auch Besetztproben, statt. Die Tunneltechnik mit den Brand- und Einbruchanlagen und die Tunnelbeleuchtung funktionierten nur halbwegs; die schriftlichen Unterlagen erwiesen sich als fehlerhaft.

AM ANFANG DIE ÜBLICHEN PROBLEME

Die Probezüge durften wegen Mängeln an der Oberleitungsschiene, die statt der Oberleitung angebracht wurde, bis zum 5. Oktober nur mit höchstens 25 km/h fahren, seitdem mit 80 km/h.

Während die inszenierten Abschleppfahrten von DB-Regio mit den „hochmodernen“ (Zitat: DB-Regio Südost) Triebwagen der Baureihe 442 zufriedenstellend verliefen, kamen die Züge von DBFernverkehr mit sieben Wagen und einer Lokomotive bei halber Antriebsleistung (der Ausfall des zweiten Antriebs war angenommen worden) nur mühsam aus dem Tunnel.

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