Baureihe 199.8

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Die Stimmung kippt
In der Zwischenzeit gingen die Vorbereitungen für den Umbau der Baureihe 110 auf Meterspur in ihre entscheidende Phase. Doch der geplante Traktionswechsel bei den Schmalspurbahnen im Harz stieß nicht nur bei vielen Eisenbahnern im Bw Wernigerode auf Unverständnis. Auch in der Bevölkerung wurde die Kritik an den Plänen der Reichsbahn immer deutlicher. 

Im Sommer 1988 verstärkte deshalb die Rbd Magdeburg ihre Öffentlichkeitsarbeit. In der „Volksstimme“, dem Organ der SED für den Bezirk Magdeburg, platzierte die DR in der Ausgabe vom 26. Juli 1988 einen ausführlichen Beitrag über den geplanten Einsatz der Baureihe 199.8. Unter der Überschrift „Aus der Altmark kommen neue Zugpferde für die  Harzer Schmalspurbahn“ hieß es da: „Zwei Gründe drängen zur Bereitstellung neuer Triebfahrzeuge für die Harzquerbahn. Zum einen steigen die Gütertransporte (...) ständig, so daß der Lokpark beträchtlich erweitert werden muß. Zum anderen wird der Unterhalt der Dampfloks zunehmend komplizierter, seit auf den Hauptstrecken der Deutschen Reichsbahn nur noch Elektro- und Dieselloks verkehren. Viele Teile zur Instandhaltung der Dampfloks sind nur noch nachgebaut in Einzelfertigung beschaffbar. Manch einer wird vielleicht ein Stück Romantik vermissen – aber Fakt ist nun mal, daß künftig Dieselloks auch die Harzberge bezwingen. (...) Die ersten Dieselloks werden den Zusatzbedarf für das hohe Transportaufkommen sichern, ehe schrittweise die alten Dampfloks ersetzt werden. 1992 soll die Umrüstung abgeschlossen sein. Dis dahin werden 30 Loks der Baureihe 110 umgerüstet sein (...).“

 

Das Baumuster kommt
Wenige Monate später, am 21. November 1988, war es dann endlich soweit: Im Schlepp der 112 788 traf am späten Nachmittag die 199 863 im Harz ein. Anschließend wurde die Lok in Wernigerode auf ihre neuen dreiachsigen Schmalspur-Drehgestelle gesetzt und in der Werkstatt des Bw Westerntor für den Probeeinsatz vorbereitet. Am 5. Dezember 1988 wurde die Maschine vorläufig abgenommen. 

Zur Einweisung der Lokführer absolvierte die 199 863 in den folgenden Tagen einige Leerfahrten in Wernigerode. Am 10. Dezember 1988 machte die 199 863 schließlich ihre erste Probefahrt. Als Leerfahrt (Lz) ging es über Eisfelder Talmühle nach Stiege, wo die Lok gleich die Wendeschleife befahren musste. Auf der Rückfahrt nach Wernigerode fungierte 199 863 ab Eisfelder Talmühle als Vorspannlok vor dem Personenzug 14404, der an jenem Tag von der 99 7238 gezogen wurde.
Drei Tage später stellte die Verwaltung der Maschinenwirtschaft (VdM) der Rbd Magdeburg die Lok dann offiziell in Dienst. Nach einer Probefahrt nach Schierke am 12. Dezember 1988 folgten weitere Messfahrten auf der Brockenbahn. Ab Ende Dezember 1988 wurde 199 863 dann im Streckendienst eingesetzt. Nach dem Eintreffen der 199 871 am 30. Dezember 1988 in Wernigerode standen zwei Exemplare der Baureihe 199.8 zur Verfügung. 

Bereits am 11. Januar 1988 folgte die erste Probefahrt mit der 199 863 auf der Selketalbahn. Diese verlief ohne Komplikationen. Bei den Versuchsfahrten erwies sich die Baureihe 199.8 als eine ausgereifte Konstruktion. Die notwendigen Änderungen waren marginal. Das seitens vieler Eisenbahner vorausgesagte Schaukeln der Lok blieb aus. Als einzige wirkliche Fehlkonstruktion entpuppte sich die Platzierung der Kupplung für die im Rollwagendienst benutzten Kuppelbäume. Die Kupplung lag zu weit unter dem Mittelpuffer, was das Einhängen der Kuppelbäume erschwerte. Das Problem konnte jedoch durch ein Versetzen des Kupplungsschachtes gelöst werden.
Die Loks wurden im Raw Stendal mit einem 900-kW-Motor des Typs 12 KVD 18/21 AL 4 ausgerüstet und waren für eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zugelassen. Die zu­nächst auf 140 Tonnen begrenzte Anhängelast wurde im Januar 1989 auf 200 Tonnen angehoben.

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