Lübkens großer Wurf

Baureihe 78: Gelungenste Gattungen Preußens

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Als im Juli 1909 der Trajektverkehr zwischen Rügen und Schweden (Saßnitz – Trelleborg) aufgenommen wurde, behalf man sich dort zunächst mit Stadtbahnloks der Reihe T 12 (744). Trotz zweimaligen Trajekts (Stralsund – Altefähr und Saßnitz – Trelleborg) nahm der Verkehr auf dieser Verbindung zwischen Deutschland und Skandinavien rasant zu. Die wachsenden Zuglasten erforderten daher bald Doppeltraktionen dieser Loks, ein Einsatz von Schlepptenderloks schied mangels geeigneter Wendemöglichkeiten auf Rügen aus. Auch eine versuchsweise eingesetzte T 10 konnte den Anforderungen nicht genügen.

Nun ging in Berlin die Ära Garbe zu Ende, als Nachfolger war Hinrich (andere Quellen: Heinrich) Lübken vorgesehen. Lübken hatte, bevor er 1909 nach Berlin kam, bei den Reichseisenbahnen im damals zum Deutschen Reich gehörenden Elsaß-Lothringen gearbeitet. Dort war 1905 eine kleine, aber höchst erfolgreiche 2’C2’n4vt-Lok der Gattung T 17 entstanden, die den Vorortverkehr von Straßburg, Metz, Colmar und Mülhausen bewältigte.

Lübken schlug – auch aus eigener Anschauung – den Neuentwurf einer 2’C2’h2t vor, die in etwa das Leistungsprogramm der P 8 erfüllen sollte. Zwecks besserer Beschleunigung reduzierte er den Treibraddurchmesser auf 1.650 Millimeter, auch weil auf den vorgesehenen Strecken eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h (P 8: 100 km/h) als völlig ausreichend angesehen wurde. Die Achsanordnung wurde völlig symmetrisch ausgeführt, Lübken versprach sich davon gleich gute Laufeigenschaften vor- wie rückwärts, was sich später auch erfüllte. Der Kessel stellt eine Art Mischung aus dem Stehkessel der G 8 (5516) und dem Langkessel der P 8 dar, die Zylinder wurden bei selbem Hub gegenüber der P 8 um 30 Millimeter im Durchmesser verkleinert. Die damals zulässige Achslast von 17 Tonnen wurde voll ausgenutzt.

Um der Tenderlok ausreichend Aktionsradius zu geben, wurde im Rahmen ein großer Wasserkasten angeordnet, den zwei Seitenwasserkästen ergänzten. Für die Laufruhe der T 18 war unter anderem dieser stabile Rahmenwasserkasten verantwortlich. 1911 begann die Detailkonstruktion bei Vulcan in Stettin. Am 1. April 1912 trat Robert Garbe in den Ruhestand und übergab sein Amt offiziell an Hinrich Lübken. Zu jener Zeit gingen die ers­ten zehn T 18 bei Vulcan in die Endmontage. Im Juni 1912 wurde die STETTIN 8401 der KPEV übergeben und kam zu Versuchsfahrten in den Großraum Berlin. Die übrigen Maschinen wurden bis August 1912 abgeliefert, ab Oktober war die T 18 im Plandienst. Erste Heimat-Betriebswerke waren Stralsund, Saßnitz und Stettin P. Liefen die vier Saßnitzer Lok ausschließlich auf Rügen, so zogen die T 18 der Bw’e Stralsund und Stettin P Schnell-, Eil- und Personenzüge zwischen ihren Heimatorten und Berlin.

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