Baureihe E 16

Man wollte in den Zwanzigern weg vom Stangenantrieb, konnte aber noch keine wirklich kleinen Tatzlagermotoren bauen. Es blieb nur ein Kompromiss – ein guter: der Schweizer Buchli-Antrieb.

 
© Hermann Maey/Slg. Brian Rampp
Die geplante Elektrifizierung der von München ausgehenden Fernstrecken Anfang der 1920er-Jahre (Baubeginn: 1923) führte erstmals zur Bestellung von elektrischen Schnellzuglokomotiven durch die Gruppenverwaltung Bayern der DRG.

Im Rahmen des Wechmann-Planes sah die Ausschreibung neben der EP 5 (2’BB2’; spätere Baureihe E 52) eine Schnellzuglokomotive vor, die ein Zuggewicht von 600 Tonnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h befördern sollte.
 
Inspiriert von guten Erfahrungen einzelachsgetriebener Elektrolokomotiven in der Schweiz sollte außerdem der herkömmliche Stangenantrieb verlassen und – erstmals in Deutschland – eine Schnellzuglokomotive mit Einzelachsantrieb gebaut werden.
Den Zuschlag erhielten BBC für den elektrischen und Krauss für den mechanischen Teil.

BBC hatte 1921 36 Lokomotiven der Achsfolge 1’Co1’, Reihe Ae 3/6I mit Gelenkhebelantrieb nach Jakob Buchli für die SBB gefertigt, der anlässlich eines Schweiz-Besuches von Vertretern der Gruppenverwaltung Bayern nachhaltig beeindruckte.

Drei oder lieber vier Antriebe?
Für das geforderte Leistungsprogramm hätte eine dreiachsige, dreimotorige 2’Co1’-Lokomotive ausgereicht (1.275 kW = 1.735 PS). Die Gruppenverwaltung Bayern der DRG forderte aber die Verwendung von Motoren, die bereits in der parallel entwickelten EP 2 (spätere E 32) eingebaut waren, um zwischen beiden Baureihen eine Tauschbarkeit der Ersatzteile zu erreichen.

Dies führte zur Ausbildung der Schnellzuglok mit vier Fahrmotoren (Radsatzfolge 1’Do1’). Eigentlich hätten drei angetriebene Radsätze mit drei (größeren) Fahrmotoren für das geplante Leistungsprogramm genügt.

Damit war eine mit 2.340 kW (= 3.180 PS) recht leistungsfähige Bauart entstanden, mit der die ursprünglich geplante Höchstgeschwindigkeit auf 110 km/h erhöht werden konnte. Übernommen wurde von der Ae 3/6I der geringfügig modifizierte Buchli-Antrieb.
Die erste Bestellung über fünf Loks der Reihe ES 1, Nummer 21001 – 21005, erging am 24. März 1923.

Am 20. Juni 1924 folgte eine weitere Bestellung mit ebenfalls fünf Maschinen. Positiv auf die Leistungsfähigkeit der Lokomotive sollte sich zudem die Erhöhung der zulässigen Achslast auf den Hauptstrecken von 16 auf 20 Tonnen auswirken. Zu Vergleichszwecken erhielten die Nr. 21001 und 21003 – 21006 Treibachs-Laufachsdrehgestelle der Bauart Buchli, die übrigen ein Krauss-Helmholtz-Lenkgestell.

Die Lokomotiven wurden zwischen Mai 1926 und August 1927 geliefert, wobei infolge des Inkrafttretens des neuen Umzeichnungsplanes nur die ersten sechs Maschinen mit bayerischer Beschriftung versehen und bereits ab August 1926 in die Baureihe E 16 umgezeichnet wurden. Die übrigen ES 1 wurden sogleich als E 16 07 ff geliefert.

Weil ES 1, Nr. 21001, noch vor ihrer endgültigen Fertigstellung als Exponat auf der deutschen Verkehrsausstellung in München vorgesehen war, kam am 27. Mai 1926 als erste ES 1 die 21002 zur Ablieferung und durchlief zunächst eine intensive Erprobung. So fanden im November 1926 Vergleichsfahrten mit der mitteldeutschen E 21 01 (AEG) zwischen Leipzig und Zerbst statt. Nach Beseitigung einiger Kinderkrankheiten erfolgte ab Februar 1927 die bahnamtliche Abnahme der Lokomotiven.

Einsatzschwerpunkt München
Die rotbraunen E 16 01 – 10 kamen zunächst alle zum Bw München Hbf, wobei jedoch die E 16 01 und E 16 03 – 06 vom Stützpunkt Rosenheim (bis 1934 noch ohne eigene Ellokwerkstatt) aus eingesetzt wurden.

Dabei zeigte sich bald ein unbefriedigendes Laufverhalten der Buchli-Lenkgestelle, während das Krauss-Helmholtz-Lenkgestell die für Lokomotiven aus dem Hause Krauss gewohnte vorzügliche Laufgüte und geringen Spurkranzverschleiß offenbarte. Dies führte zum Tausch der Buchli- gegen die die Krauss-Gestelle.

Die sehr guten ersten Ergebnisse mit der neuen Baureihe veranlassten die DRG, am 6./7. Juli 1927 eine zweite Serie von sieben Lokomotiven zu bestellen, die zwischen Oktober 1928 und Juli 1929 als E 16 11 – 17 geliefert und ebenfalls beim Bw München Hbf stationiert wurden. Sie wiesen eine auf 2.580 KW (= 3.500 PS) gesteigerte Leistung auf und waren bereits blaugrau lackiert.

Gemeinsam mit den anderen zu dieser Zeit für die Gruppenverwaltung Bayern beschafften Elloks erfolgte die Endmontage der E 16 in der Nebenwerkstätte des Raw München in unmittelbarer Nachbarschaft des Bw München Hbf – das heißt, der Einbau der elektrischen Ausrüstung in den mechanischen Teil.

Die Konstruktion

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