Der erste IC-Triebzug: Bemerkenswertes Trio

Mit den IC-Triebzügen der Baureihe 403/404 betrat die DB in den frühen 1970er-Jahren in vielerlei Hinsicht Neuland. Die 1973 begeistert aufgenommenen Paradepferde der DB führten ein abwechslungreiches Leben mit vielen Höhen und Tiefen. Von Oliver Strüber

 
27. Juni 1976: Zwischenhalt bei einer Sonderfahrt in Österreich im Bahnhof Werfen zwischen Salzburg und Bischofshofen. (Foto: Theodor Horn) © Theodor Horn

Gegen Ende der 1960er-Jahre zeichnete sich die vollständige Elektrifizierung des bundesdeutschen Fernstreckennetzes ab. Neben lokbespannten Wagengarnituren mit den neuen klimatisierten Wagen der „Rheingold“-Type leisteten damals vor allem die TEE-Triebwagen der Baureihe VT 11.5 (ab 1968: 601) die hochwertigen Dienste. Daher lag es nahe, auch in Anbetracht der bevorstehenden Einführung des Intercity-Systems Erfahrungen mit elektrischen Schnelltriebzügen zu sammeln und somit deren Tauglichkeit für den IC-Verkehr zu erproben.
In ihren Absichten wurde die DB durch die vielfältigen Erfahrungen im Ausland bestätigt, wo derartige Garnituren bereits seit Jahren zur vollsten Zufriedenheit verkehrten oder aber ebenfalls für die im Entstehen begriffenen Neubaustrecken in Planung waren (Italien, Frankreich).
Vor allem ging es der Führungsspitze der Bundesbahn um die in jenen Jahren – und in ihren Grundzügen bis heute – aktuelle Frage: Triebzug oder lokbespannter Wagenzug? Mit entsprechenden Triebzug-Prototypen für den elektrischen Schnellverkehr ließen sich, so zumindest die damaligen Überlegungen, in dieser Hinsicht neue Erkenntnisse gewinnen. Der Vorteil eines solchen Triebzuges lag klar auf der Hand: Die für die Zugförderung benötigte hohe Antriebsleistung musste nicht mehr allein in einer vier- oder sechsachsigen Lok installiert werden, sondern konnte gleichmäßig über alle Radsätze des Zuges verteilt werden. Daraus ergab sich eine Vervielfachung des für die Beschleunigung und Bremsverzögerung nötigen Reibungsgewichtes bei gleichzeitig geringerer Gleisbeanspruchung.
Also gab die DB im Frühjahr 1970 zunächst drei derartige Triebzug-Prototypen in Auftrag, für die gemäß des neuen Nummernsystems die Baureihenbezeichnung 403 festgelegt wurde, wobei die Wahl der „03“ auf die in den gleichen Diensten eingesetzte Ellok-Baureihe 103 anspielen sollte. Die Industrie zeigte sich sofort begeistert, ließ sich mit solch prestigeträchtigen Zügen doch auch im Ausland ihre technische Kompetenz eindrucksvoll unter Beweis stellen.
Schnell waren in Abstimmung mit dem Bundesbahn-Zentralamt in München die fertigen Entwürfe zu Papier gebracht. Selbstverständlich wurden die neuesten technischen Errungenschaften berücksichtigt, aber auch auf Bewährtes gesetzt. Neben dem Allachsantrieb und somit der Ausführung als Triebzug mit jeweils autarken Antriebseinheiten war dies die Nutzung des Leichtbaus unter Verwendung von Strangpressprofilen, Leichtmetalllegierungen für die Außenhaut und Kunststoff im Innenraum.
Auch eine besonders komfortable Innenausstattung in Anlehnung an die damals aktuelle TEE-Komfortstufe und die Vollklimatisierung des Zuges waren Eckpfeiler des Lastenhefts. Somit ließen sich die Verbundglas-Seitenwandfenster nicht öffnen; als Schutz gegen die starke Sonneneinstrahlung waren sie zudem goldbedampft.
Die moderne Technik sollte neben automatischen Fahr- und Bremssteuerungssystemen sowie luftgefederten Drehgestellen vor allem die gleisbogenabhängige Wagenkastensteuerung verkörpern. Hierfür wurden die Seitenwände von unten nach oben deutlich sichtbar um zwei Grad eingezogen, um auch geneigt innerhalb des Lichtraumprofils zu bleiben.

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