Die Baureihe 82. Die erste Neubaudampflok der Bundesbahn

Die Baureihe 82: Vielseitig und schnell

Sehr vielseitig Die Neubau-Dampflokomotiven der Baureihe 82 durften 70 Stundenkilometer fahren, vorwärts wie rückwärts.

Text: Martin Weltner
 
Die Heizerseite der 82 005, aufgenommen in Hamm (Westf) am 18. August 1951. Diese Lok wurde wie 24 weitere ohne Vorwärmer geliefert, die Aussparung in der Rauchkammer war aber vorhanden. In den Jahren 1954/55 wurden die Loks anlässlich von AW-... © Edgar Fischer/Archiv

Gab es sie wirklich, die Dampflok, die einerseits sehr zugkräftig war, andererseits aber auch schnell, dazu noch extrem gut im Lauf durch Krümmungen?
Ja, es gab sie. Rund 20 Jahre lange setzte die Deutsche Bundesbahn die Neubau-Tenderloks der Baureihe 82 ein, letztendlich vorzeitig verdrängt durch modernere Dieselloks.

Auf der Wunschliste der Reichsbahn in den westlichen Besatzungszonen bzw. der 1949 gegründeten Deutschen Bundesbahn stand eine fünffach gekuppelte Tenderlok ganz oben. Und das verwundert nicht, hatte die Deutsche Reichsbahn doch den Bau von Rangierloks sehr vernachlässigt: Gebaut wurden lediglich 39 Loks der Baureihe 80, die mit ihren 575 PS aber eher für den Rangierdienst auf großen Personenbahnhöfen vorgesehen waren.

Dann gab es noch die zehn Maschinen der Baureihe 89, ebenfalls C-Kuppler und noch leichter gebaut als die 80. Loks für ein ganz spezielles Einsatzgebiet, nämlich den Hamburger Hafen mit seinen engen Gleisbögen, waren die 16 Maschinen der Baureihe 87: Ein 940 PS starker, aber langsamer Fünfkuppler, dessen Endachsen durch Zahnradgetriebe der Firma Luttermöller angetrieben wurden. Schon 1928 hatte die Reichsbahn zehn Exemplare der vierfach gekuppelten Baureihe 81 gekauft; mangels Bedarf erfolgten in den Folgejahren keine Nachbestellungen. Erst 1940 sollte der Serienbau beginnen, doch der Krieg sorgte für die Stornierung der Aufträge.

E-Kuppler der Länderbahnen sehr gut
Warum war die Reichsbahn so zurückhaltend bei der Beschaffung von Rangierloks? Ganz einfach, es bestand kaum Bedarf: Die preußische T 16.1 (Baureihe 94.5) stand in ausreichender Stückzahl zur Verfügung, die letzten Exemplare waren sogar erst Anfang der 1920er-Jahre an die Reichsbahn geliefert worden. Auch andere ehemalige Länderbahnen hatten Rangierloks in den Fahrzeugpark der Reichsbahn eingebracht. Und dann sorgte die Wirtschaftskrise Anfang der 1930er-Jahre für einen Güterzuglok-Überschuss: Zahlreiche 55er und 57er, die man im Streckendienst nicht mehr brauchte, wurden fortan auch als Rangierloks genutzt – durchaus zur Freude des Personals, das jetzt dank des Tenders nicht mehr so oft Wasser und Kohle fassen musste.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war aber die Zeit reif für einen neuen, schweren Fünfkuppler. Doch die neue Lok sollte mehr sein als ein profaner 94-Ersatz: Sie sollte auch die Baureihe 87 ersetzen, musste also sehr gut durch enge Gleisbögen laufen. Auch die Baureihen 93.0 und 93.5 wollte man durch die 82 ersetzen; hier war Geschwindigkeit gefragt, um auch einen Güterzug mit den damals üblichen 65 km/h bespannen zu können und nicht zum „Verkehrshindernis“ werden zu lassen. Das Ergebnis der Planungen, an denen Esslingen, Henschel, Krupp und Krauss-Maffei beteiligt waren, kann als „eierlegende Wollmilchsau“ bezeichnet werden: Eine fünffach gekuppelte Tenderlok mit beachtlichen 1.290 PS Leistung, 70 km/h Höchstgeschwindigkeit (eine so schnelle laufachslose Dampflok hatte es in Deutschland bis dahin noch nicht gegeben!) und einem gelenkigen Fahrwerk, das auch mit den 100-Meter-Radien der Hamburger Hafenbahn keine Probleme hatte. Noch nicht abzusehen war seinerzeit, dass die 82 sogar als Steilstreckenlok im schweren und hochwertigen Reisezugdienst ihren Mann stehen würde …

Konstruktiv sehr fortschrittlich
Hohe Geschwindigkeit und guter Krümmungslauf? Man schaffte beides durch die Verwendung von Beugniot-Gestellen, die über Hebel die ersten und die letzten beiden Kuppelradsätze vereinten. Schon vor dem Krieg hatte man dieses Konstruktion an einer 94er erprobt, die bei Versuchsfahrten mit über 80 km/h über die Strecke gescheucht wurde: Die jeweils führende Kuppelachse – gleich ob bei Vorwärts- oder Rückwärtsfahrt – zeigte dank des Beugniot-Gestells Bogenlaufeigenschaften wie eine normale Vorlaufachse! Nur dem Krieg ist es „zu verdanken“, dass ab 1940 nicht alle 94er mit diesen Gestellen ausgerüstet worden sind, die dann in der Dieselära bei den zahlreichen V 65-Varianten der Firma MaK Karriere machten.

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