Die Baureihe 95: Mit Dampf nach Rübeland

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Mit der Zunahme der Beförderungsleistungen auf der Rübelandbahn nahm der Bedarf an Maschinen für den Steilstreckendienst weiter zu. Das Bw Probstzella gab aus diesem Grund 1953 die 95 023, 95 025, 95 036 und 95 039 nach Blankenburg (Harz) ab. Fortan setzte die DR im Güterzugdienst auf dem Abschnitt Blankenburg (Harz) – Elbingerode Anschluss Hornberger Kalkwerke planmäßig nur noch die Baureihe 95 ein. Täglich wurden sechs Maschinen benötigt, eine weitere diente als Reserve. Die monatlichen Laufleistungen der T 20 betrugen 5.200 bis 5.800 Kilometer. Die Maschinen verbrauchten dabei je nach Qualität des Brennstoffs zwischen 250 und 300 Tonnen Kohle. Typisch für die T 20 des Bw Blankenburg (Harz) war ihre große Standorttreue. 95 016, 95 019, 95 025, 95 027, 95 028, 95 029, 95 039 und 95 043 waren 15 Jahre und länger im Harz stationiert.

Erst 1955 standen die drei noch vorhandenen Exemplare der Baureihe 9566 wieder für die Zugförderung zur Verfügung. Doch das Bw Blankenburg (Harz) setzte 95 6676, 95 6677 und 95 6678 nur ein, wenn bei der Baureihe 95 Engpässe auftraten. Die Tierklasse war bei den Eisenbahnern aufgrund ihrer schlechten Laufeigenschaften, des verbauten Führerstandes und des hohen Wartungsaufwandes unbeliebt. Einen eigenen Dienstplan gab es für die Baureihe 9566 nicht. Die Maschinen liefen in den Plänen der Baureihen 9367 und 95 mit. Haupteinsatzgebiet der Tierklasse waren die Nahgüterzüge nach Tanne, da die Baureihe 95 aufgrund ihrer hohen Achsfahrmasse nicht auf dem Abschnitt Elbingerode Anschluss Hornberger Kalkwerke – Tanne eingesetzt werden konnte.

In der Mitte der 1950er-Jahre erreichte die Rübelandbahn infolge des ständig steigenden Frachtaufkommens ihre Leistungsgrenze. Um die Durch­lass­fähigkeit zu erhöhen, hatte die Generaldirektion bereits im Sommer 1950 einer Anhebung der Lasten auf dem Abschnitt Blankenburg (Harz) – Hüttenrode zugestimmt. Die Baureihe 95 durfte nun 150 statt bisher 130 Tonnen bergwärts schleppen. Doch dieser Schritt entspannte die Lage nur kurze Zeit. Im Sommer 1957 war die Steilstrecke abermals völlig überlastet.

Die Rbd Magdeburg schränkte deshalb am 1. November 1957 den Personenverkehr auf der Rübelandbahn ein. Es verkehrten nur noch Züge für den Berufsverkehr. Dadurch konnten weitere Güterzüge eingelegt werden. Mit dem 1958 beschlossenen „Chemieprogramm der DDR“ nahm das Frachtaufkommen erneut zu. Die Baureihe 95 war langfristig auf der Rübelandbahn überfordert. Der Einsatz im schweren Güterzugdienst führte zu einem hohen Verschleiß an den Maschinen. Vor allem Schäden an den Triebwerken und der Bremsausrüstung machten immer mehr Aufenthalte im Raw Meiningen notwendig.

Die Folge: Ab 1959 kam es immer wieder zu Engpässen bei der T 20, zumal das Bw Blankenburg (Harz) ab dem Sommer 1959 täglich sieben Loks benötigte. Da auch die Baureihe 9566 den Mehrbedarf nicht decken konnte, erhielt das Bw Blankenburg (Harz) 1959/60 noch 95 010, 95 015 und 95 045. Außerdem stimmte die Rbd Magdeburg dem Einsatz von drei Maschinen (zwei Zugloks und eine Schiebelok) pro Zug zu. Damit konnten nun bergwärts 450 Tonnen gezogen werden. Für die Talfahrt nach Blankenburg (Harz) waren 800 Tonnen Zuggewicht (bei maximal 92 Achsen) zulässig. Um die Zeit zum Kopfmachen in der Spitzkehre Michaelstein zu verringern, schlug das Bw Blankenburg (Harz) 1959 vor, das Umsetzen der Vorspannlok entfallen zu lassen und auf dem Abschnitt Michaelstein – Hüttenrode mit einer Zug- und zwei Schiebeloks zu fahren. Doch die zuständigen Hauptverwaltungen lehnten dies ab. Angesichts der hohen Schiebekräften befürchteten sie ein Aufklettern einzelner Wagen und Entgleisungen.
Die Güterzüge auf der Rübelandbahn verkehrten fortan mit einer Zug- und Schiebelok – bei erhöhtem Frachtaufkommen auch mit einer Vorspannlok – bis Hüttenrode. Dort wurden die Schiebe- und die Vorspannlok abgekuppelt. Diese fuhren entweder als Leerfahrt (Lz) oder mit einem anderen Güterzug zurück nach Blankenburg. Die verbliebene Lok brachte den Güterzug allein weiter nach Rübeland.

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