Die Baureihe V 180: Großer Schritt ins Neuland

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Die erste V 180 mit sechs Achsen war die im Januar 1964 mit zwei 900-PS-Motoren abgelieferte V 180 201, die im selben Jahr auch in Silber mit blauen Zierstreifen auf der Leipziger Frühjahrsmesse stand. Die Reichsbahn beschaffte zwischen 1966 und 1970 205 C’C’-Maschinen der Baureihe V 1802-4. 1971 folgte mit der ehemaligen V 240 001 als 118 202-1 eine weitere Maschine.

Bewährung
Alles in allem hat sich die Baureihe V 180 nach dem Überwinden einiger Kinderkrankheiten bewährt. Da gab es 1966 bis 1968 die Motorenkrise mit einem gehäuften Auftreten von Motorschäden, die aber ihre Ursache nicht in schlechter Leitungstätigkeit beim VEB Motorenwerk Johannisthal hatte, wie man glauben machen wollte, sondern in gießtechnischen Mängeln bei der Kolbenherstellung. In der Folge löste man das Motorenwerk Johannisthal auf und übertrug die Motorenherstellung dem VEB Kühlautomat Berlin.
Der nicht bestimmungsgerechte Einsatz führte zu weiteren Schäden an den Lokomotiven. Die neue V 180 war eben kein Ersatz für die Baureihe 01. Sie wurde aber vor Zügen mit 550 – 600 Tonnen Zugmasse im Bereich der Dauerleistung II (Höchstgeschwindigkeit) eingesetzt, was ihr nicht gut bekam.
Die Leistung des Dieselmotors 12 KVD 18/21 konnte systematisch gesteigert werden. Sie lag in der Bauform 1 bei 900 PS, bei den Bauformen 2 und 3 bei 1.000 PS und erreichte in der Bauform 4 ohne wesentliche Änderungen an der Grundkonzeption 1.200 PS. Dabei konnte der Kraftstoffverbrauch gesenkt werden, von 178 g/PSh bei der Bauform 1 auf 167 g/PSh bei der Bauform 4.
Die leistungsgesteigerten Motoren sind auch in die Baureihe V 1800 eingebaut worden. Um für den Betrieb erkennbar zu machen, welche Motorleistung die betreffende Lok besitzt, erhielten die mit leistungsgesteigerten Motoren ausgerüsteten V 1800 eine um 500 erhöhte Ordnungsnummer. In ähnlicher Weise verfuhr man mit den C’C’-Maschinen, die Motoren der Bauform AL-4 mit 1.200 PS Leistung bekamen. Solche Lokomotiven bekamen eine um 400 erhöhte Ordnungsnummer, es entstand also die Baureihe 118.6-8. Es sind durchaus nicht alle Lokomotiven mit stärkeren Motoren ausgerüstet worden, deshalb war die Umzeichnung sinnvoll.
Bei drei Loks wich die Form des Lokomotivkastens von der Regelbauform ab: Die 118 059, die 118 131 und die 118 203 hatten Kanzeln aus glasfaserverstärktem Polyester, respektlos Plastekanzel genannt, die mit schräg nach vorn geneigten Frontscheiben blendfreies Sehen möglich machten. Die Kanzeln haben sich funktionell durchaus bewährt, aber die Stellen, wo Kunststoff auf Stahl traf, waren ständig korrosionsgefährdet und undicht. Deshalb erfolgte ein Umbau in die Serienausführung.

Beheimatungen Rbd Berlin
Von Anbeginn sind die Bahnbetriebswerke der Rbd Berlin mit erheblichen Stückzahlen an V 180 bedacht worden. Das betraf die Berliner Bw Grunewald, Karlshorst, Ostbahnhof und Schöneweide. Im überdachten Ringschuppen des Bw Rummelsburg waren die V 180 abgestellt, die Regierungszüge bespannten, wohlverwahrt und bewacht hinter Gitterzäunen.
Die Maschinen des Bw Grunewald führten u. a. Schnellzüge nach Helmstedt und erledigten den Güterzugdienst in Westberlin. Maschinen des Bw Ostbahnhof bespannten die „Sputnik“-Züge (auf dem Außenring um Berlin) und Schnellzüge in die Küstenstädte der DDR. Das Bw Frankfurt (Oder) beheimatete im Bw Ffo Pbf ab 1966 die Baureihe
V 180. Eine ihrer Aufgaben war die Beförderung der „Gardinenzüge“, also der sowjetischen Weitstreckenwagen mit Militärangehörigen, in Richtung Berlin. Maschinen des Bw Jüterbog bespannten u. a. sowjetische Militarzüge auf der Relation Erfurt – Brest. Die Beheimatung von V 180 in Jüterbog endete 1993.   

Von Manfred Weisbrod

Artikel aus LOK MAGAZIN 08/10

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