Die Höllentalbahn

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Eröffnung und Zahnradbetrieb
Die Metropole des Breisgaus, Freiburg, hatte 1845 – zehn Jahre nach der ersten Fahrt des „Adler“ zwischen Nürnberg und Fürth – Anschluss an die Eisenbahn bekommen. Von Norden, von Mannheim her, war die Hauptstrecke auf Freiburg zugewachsen, und zielstrebig wurde rheinaufwärts in Richtung Basel weitergebaut.

Seit dieser Zeit gab es immer wieder ernsthafte Bemühungen, speziell aus Neustadt im Schwarzwald, eine Eisenbahn durch das Höllental hinauf auf die Höhen des Schwarzwaldes zu bauen. Komitees wurden gegründet, Petitionen verabschiedet, Vorschläge zur Linienführung unterbreitet. Klar war von Beginn an, dass die gängigen Höchstneigungen von bis zu 20 Promille beim Bau einer solchen Strecke nicht genügen würden, wollte man teuere Kunstbauten (Tunnel, Brücken, Kehrschleifen wie etwa bei der Schwarzwaldbahn zwischen Hausach und St. Georgen, eröffnet 10. November 1873) zur künstlichen Streckenverlängerung vermeiden.

1881 war schließlich auch klar, dass die Strecke nicht als Hauptbahn, sondern als eingleisige normalspurige Bahn untergeordneter Bedeutung zu erbauen sei, was die zu erwartenden Kosten bei Bau und Betrieb deutlich sinken ließ. Diese Tatsache und das Entgegenkommen der Städte Freiburg und Neustadt und der Anliegergemeinden (kostenlose Bereitstellung von Grundstücken im Trassenverlauf, finanzielle Beteiligung) führten schließlich zum Einlenken bei der Regierung des Großherzogtums Baden: Am 24. Mai 1882 wurde das Gesetz erlassen, das den Bau der Höllentalbahn regelte, und am 26. Mai wurde es veröffentlicht. Der Artikel 2 legte auch fest, dass „… Strecken, wo die Gefällverhältnisse dies erfordern, für den Zahnradbetrieb eingerichtet werden.“

Nach dem Winter begannen im Frühjahr 1883 die Vermessungsarbeiten. Ein Jahr später zogen die Bauarbeiter an die abgesteckte Trasse. Sieben Tunnel waren aufzufahren, das bedeutendste Brückenbauwerk wurde der Ravenna-Viadukt mit 221,77 Metern Länge und der höchsten Höhe von 37 Metern über der Talsohle.

Die Zahnstange entsprach im Prinzip der von Nikolaus Riggenbach. Sie war eine Leiterzahnstange, wobei die Sprossen im Querschnitt trapezförmig waren und mit der Unterseite auf einem Winkel fest auflagen, so dass sie gegen Verdrehen gesichert waren. Erfinder dieses Prinzips war der Baurat Heinrich Bissinger aus Karlsruhe.

Für den Betrieb wurden bei der Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe sieben C-gekuppelte Tenderlokomotiven der Gattung IXa beschafft. Diese besaßen neben dem normalen Außentriebwerk zwei Innenzylinder, die das Zahnradgetriebe bewegten. 1910 folgte wegen der starken Verkehrszunahme eine weitaus kräftigere Gattung IXb, nun als C1’-Bauart. Bis 1921 wurden – nun aus Esslingen – sieben Lokomotiven geliefert, die alle noch Reichsbahnnummern bekamen: 97 201 – 204 und 97 251 – 253.

Im Gegensatz zu ähnlichen gemischten Reibungs- und Zahnradbahnen in Preußen, Bayern oder unter privater Regie (Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn im Harz) war es auf der Höllentalbahn erlaubt, dass die Reibungslok an der Spitze lief und die Zahnradmaschine hinten nachschob. Vor allem, als die Strecke 1901 mit der Verlängerung bis Donaueschingen zur Durchgangslinie geworden war, erwies sich diese Betriebsform als praktisch. Talwärts durften Personenzüge sogar allein mit der Reibungslok fahren, man hatte offensichtlich großes Vertrauen in das Bremssystem: Verschiedene Wagen waren mit Zahnrädern zum Bremsen ausgestattet, genaue Vorschriften regelten deren Einsätze im Zugverband.

Was zu Beginn des Bahnbaus nur die größten Optimisten erträumt hatten, wurde war: 1901 wurde die Strecke zur Vollbahn hochgestuft und ab 1907 fuhren sogar Eilzüge durch das Höllental hinauf in den Schwarzwald. Vorn mitunter zwei 1’C1’-Tenderloks der Gattung VIb, hinten eine Zahnradlok – nun war die Strecke nahe an ihrer Belastungsgrenze angelangt. Laufend wurden die Unterwegsstationen erweitert, Gleise verlängert, zusätzliche Verlademöglichkeiten geschaffen. Vor allem an den Wochenenden verkehrten zusätzlich zu den zwei Eilzug-, acht Personenzugpaaren und zwei Güterzügen (Zahlen von 1929) oft mehrere Sonderzüge. Trotz der neuen und kräftigeren Zahnradloks war die Kapazität dieses Systems nun ausgeschöpft.

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