EuroCity-Verkehr im Allgäu: International – und auch provinziell

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So bleiben wir lieber im Zug sitzen und freuen uns auf die noch vor uns liegenden 90 Kilometer über Immenstadt und Oberstaufen nach Lindau, welche den landschaftlichen Höhepunkt der Reise darstellen. Wir fahren nun weiter über die zweigleisige Allgäubahn in südlicher Richtung. Immer näher rückt die Strecke an die Alpen heran. Kurz vor Immenstadt, wo Deutschlands südlichste Bahnstrecke nach Oberstdorf abzweigt, präsentieren sich sämtliche Gipfel des Illertals vor dem Abteilfenster. Die Spurkränze kreischen beim Durchfahren des Bahnhofs, und in engen Schleifen windet sich die Strecke bald darauf am sonnigen Nordufer des Großen Alpsees, der im Sommer bei Windsurfern und Badegästen sehr beliebt ist, entlang. Ein Urlaubsparadies ist diese Region ohnehin das ganze Jahr über: Im Frühjahr und Herbst machen Wanderungen auf den sanften Höhenzügen bis hinauf ins Hochgebirge ebenso Spaß wie im Winter eine rasante Abfahrt auf der Skipiste, Rodeln oder Langlauf. Mitten durch diese erholsame und wohltuende Region schlängelt sich der Zug Oberstaufen entgegen – Zeit, das Genussleben noch etwas zu steigern und dem schweizerischen Speisewagen einen Besuch abzustatten. Mit einem feinen Capuccino und einem warmen Gipfeli, wie das Croissant in der Schweiz genannt wird, lässt sich die Fahrt durch die Idylle perfektionieren.

390 Höhenmeter talwärts
Ehe die Bahn kurze Zeit später in Oberstaufen, auf einer Seehöhe von 789 Metern, die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein überquert und der einzige Tunnel der Allgäubahn passiert wird, legen sich die beiden 218 noch einmal richtig ins Zeug. Dann beginnen die rund 50 Kilometer Talfahrt nach Lindau. Bis zum Bodensee gilt es, 390 Hö-henmeter in unzähligen Gleisbögen zu überwinden. Vor diesem Hindernis hätten die Eisenbahnpioniere im 19. Jahrhundert fast kapituliert. Ernsthaft wurde überlegt, ab Oberstaufen Pferdegespanne auf Gleisen einzusetzen, da man der Leistungsfähigkeit der damals verfügbaren Lokomotiven zweifelte. Doch so weit kam es nicht.

Durch dünn besiedelte Täler und vorbei an schmucken Ortschaften bummelt unser Zug Röthenbach entgegen. Der Bahnhof selbst liegt im Ortsteil Oberhäuser, ein gutes Stück von Röthenbach entfernt, im Bereich des „Rentershofener Damms“. Dieses lange Zeit als höchster und längster Bahndamm der Welt bekannte Bauwerk wurde künstlich aufgeschüttet, ist 53 Meter hoch und misst 901 Meter Länge.

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