Großer Grenzverkehr

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Die Strecke ist zwischen Eglisau und Neuhausen auf der ganzen Länge derzeit eingleisig, wobei in jeder Station Begegnungsmöglichkeiten bestehen. Es ist immer wieder beeindruckend, welches Betriebsprogramm die SBB auf diesem Abschnitt abwickeln – und das meistens pünktlich. Ein kleiner Zeitausschnitt aus dem Sommerfahrplan 2009 mag dies verdeutlichen. Finden wir uns gegen 6:00 Uhr, auf dem einzigen Mittelbahnsteig im Bahnhof Neuhausen ein.

–    05:57 sehen wir südwärts vielleicht gerade noch die S22 nach Bülach verschwinden;
–    06:06 kommt nordwärts eine nach Schaffhausen verlängerte S5 von Zürich her;
–    06:11 fährt südwärts der InterRegio nach Zürich;
–    06:15 folgt ihm eine Express-S-Bahn nach Zürich;
–    06:22 (ungefähr) passiert nordwärts eine Leer-Garnitur aus zwei GTW 2/6 die Station;
–    06:28 fährt südwärts die S5 nach Zürich.

Nehmen wir diese S5 zur Fahrt nach Zürich, so treffen wir in Rafz auf einen entgegen kommenden InterRegio. Oft schaffen die SBB es auch noch, in dieser Zeit einen nordwärts fahrenden Güterzug, bespannt mit einer DB-185, über die Strecke zu bringen. Wahrlich ein beeindruckendes Betriebsprogramm für etwa 18 Kilometer eingleisige Strecke mit engen Radien und starken Steigungen!

Natürlich wird es tagsüber auch hier etwas ruhiger. Dennoch: Ein IR-Paar je Stunde, ein ICE-Paar alle zwei Stunden, die stündlich verkehrende S22 (GTW 2/6) sowie ein gelegentlicher Güterzug bringen Leben auf die Gleise (seit 23. März 2010 fahren keine ICEs mehr über die Gäubahn nach Zürich. Wegen des knappen Bestandes wurden die Züge durch SBB-Garnituren ersetzt, welche zwischen Zürich und Singen mit SBB-Loks der Reihe Re 4/4 befördert werden). Bis Rafz mischt sich noch die S5 von Zürich her ins Geschehen, und in Hüntwangen-Wil darf man jederzeit mit einem Kieszug rechnen. Dazu kommen die S16 und S33 der Strecke nach Winterthur. Zwischen Neuhausen und Schaffhausen kommt so leicht ein Dutzend Züge in knapp 45 Minuten zusammen.

Im Berufsverkehr wird der Betrieb drastisch verdichtet. Außerhalb des normalen Taktes fahren zusätzliche Express-S-Bahnen – im Fahrplan nur mit „S“ gekennzeichnet –, die aus langen Garnituren von Einheitswagen mit Triebwagen der Baureihe 540 an jedem Ende gebildet werden. Diese Züge halten jeweils nicht an allen Stationen. In einer Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Strecke im Jahr 1997 werden für den Abschnitt Eglisau – Rafz 170 Züge pro Tag genannt!

Technik
Die Hochrheinstrecke ist – das sieht man auch optisch – eindeutig in deutscher Hand. Hiervon zeugen neben den vorwiegend deutschen Fahrzeugen vor allem die noch reichlich vorhandenen Formsignale.
Was den „Look“ angeht, gilt das Gesagte weit gehend auch für den Abschnitt Schaffhausen – Singen. Oberbau, Kilometrierung, Signale, Rechtsverkehr – alles nach deutschem Standard. Und doch gibt es eine Stelle nördlich von Schaffhausen, wo man sich nur umdrehen muss, um festzustellen, dass man hier nicht in Deutschland ist: Hier wechselt nämlich die deutsche Oberleitung mit Einzelmasten auf das schweizerische System mit Quertragwerken. Und in der Ferne winkt ein Schweizer Vorsignal …
Eindeutig schweizerisch ist dagegen die Ausstattung des Abschnitts Schaffhausen – Eglisau. Wüsste man nicht, dass Jestetten in Deutschland liegt – die Bahnanlagen oder das Empfangsgebäude geben kaum einen Hinweis auf diese Tatsache. Nicht einmal die geparkten Autos mit deutschen Kennzeichen taugen als Indiz: Man findet sie in gleicher Weise in Neuhausen, Thayngen oder Rafz – Pendler eben, welche für die Weiterfahrt die Bahn benutzen, um zu ihren Arbeitsplätzen in Zürich, Basel oder Singen zu gelangen.
Da der Abschnitt Schaffhausen – Singen von Fahrzeugen beider Bahnverwaltungen befahren wird, verfügen alle Signale über doppelte Zugsicherungseinrichtungen. Neben der deutschen Indusi sind Magnete für die Schweizer ZUB installiert. Auf den anderen Abschnitten müssen die Fahrzeuge der „fremden“ Bahnverwaltung mit dem jeweils vorgeschriebenen Zugbeeinflussungsverfahren ausgerüstet sein.

Zukunft
Die Idylle – wenn es denn eine ist – wird in absehbarer Zeit ein Ende nehmen. Am 8. März 2005
fasste der Schweizer Bundesrat den Beschluss, die Strecke Zürich – Schaffhausen an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz anzuschließen.

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