Im Führerstand: Auf der 01 069

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Es war die 01 069 des Bw Dresden-Altstadt. Ich machte die obligatorischen Dias der Lok mit einem etwas finster, aber gleichwohl beeindruckend dreinblickenden Lokführer, der meiner fotografischen Tätigkeit mehr oder minder ausgeliefert war, dies aber nicht zu missbilligen schien. Ich redete mit dem mir völlig fremden Mann bis zur Abfahrt kein einziges Wort, vermutete aber, dass die Bilder gut geworden sein dürften. Erst als sich der „Pannonia-Express“ in Bewegung gesetzt hatte, fasste ich mir ein Herz und rief dem Lokführer zu, dass ich ihm die Bilder schicken werde, wenn er mir seine Adresse nennen werde. Bei der durch die 01 069 bedingten erheblichen Geräuschkulisse verstand ich seine Antwort als „Jürgen Buhr, Zabelhofstraße 11, Dresden“.
Mehrfach schrieb ich an diese Adresse und übersandte auch die ebenso gelungenen wie unverfänglichen Aufnahmen von ihm und der 01 069. Die erwünschte, ja ersehnte Antwort blieb jedoch stets aus. So ging 1975 dahin, bis ich mich zu Beginn des Jahres 1976 wieder um ein Einreisevisum bei meinen Verwandten bemühte, worauf die Einreise in die DDR am 23. Februar 1976 erfolgte, selbstverständlich per DB und DR.

Nun musste ich systematisch vorgehen! Der Stadtplan von Dresden wie die Touristik-Information in der Prager Straße gaben klar zum Ausdruck, dass eine Zabelhofstraße in Dresden nicht existiert. Auf meine Frage, ob es eine ähnlich klingende Straße gäbe, deutete mir das freundliche Personal einhellig, dass dies nur die Zamenhofstraße sein könne.
Ich begab mich also mit dem öffentlichen Nahverkehr in Richtung Zamenhofstraße und näherte mich der ominösen Nr. 11 mit dem Maximum an Spannung, die einem engen irdischen Leib gerade noch eingetan sein kann.

Das Haus war ein Plattenbau und am Eingang stand tatsächlich unter mehreren Namen der Name „Buhr“. Aber bei Buhr war – bei dem Job nicht weiter verwunderlich – an einem x-beliebigen Vormittag niemand zu Hause. Folglich ließ ich mich im Treppenhaus nieder, um Herrn Buhr eine schriftliche Nachricht zu hinterlassen, als eine Hausbewohnerin auf mich aufmerksam wurde, wohl auch „roch“, dass ich aus dem Westen kam und wissen wollte, wen ich da aufsuchen wolle.

Als ich den Namen Buhr nannte, erwies sie sich überraschend kooperativ und informiert. Herr Buhr, sagte sie, sei bei der Reichsbahn tätig und fast nie da und habe auch kein Telefon, aber ich könne ihn vielleicht abends über sie erreichen. Hierzu sollte ich die Frau am selben Abend um 19.00 Uhr anrufen, sie werde sich bemühen, dass Herr Buhr bei ihr sei, um meinen Anruf gleich entgegennehmen zu können. Was jetzt wohl hinter den Kulissen geschah?

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