Quantensprung

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Für den Güterzugdienst umgerüstet
Die Baureihe 211 kam mit fortschreitender Elektrifizierung zur Rbd Dresden (Bw Dresden), Magdeburg (Bw Magdeburg und Stendal), Rbd Berlin (Bw Schöneweide) und Greifswald (Bw Neustrelitz). Da war ihr Zenit aber bereits überschritten. Modernere Elloks der Baureihen 250 ab 1977 und vor allem 243 ab 1984 drängten in den Schnellzugdienst. Den verlor die Baureihe 211 zusehends, sie fand aber Aufgaben vor Personenzügen und im S-Bahnverkehr. Einige wurden für den Güterzugdienst mit der Getriebeübersetzung der Baureihe 242 ausgerüstet und unter Beibehaltung der letzten beiden Ziffern der Ordnungsnummer als 242.3 bezeichnet. Bei anderen Maschinen wurde die Wendezugsteuerung für Doppeltraktion hergerichtet, sie erhielten nach dem selben Prinzip die Baureihenbezeichnung 211.8. 
Technisch änderte sich an den Lokomotiven seit 1978 nichts mehr, sie wurden aber ab 1985 mit Zugfunk MESA und Indusi PZ 80 ausgerüstet, entspechend der fortschreitenden Streckenausrüstung.

Westtauglich? Holzroller?
Die Wiedervereinigung Deutschlands führte ab 1990 zu sinkendem Bedarf vor allem der Loks der Baureihe 211. Ab Anfang 1992 wurden sie reihenweise abgestellt. Nach zwei bis drei Jahren Abstellung strich man sie aus dem Bestand. Lediglich Loks, die vor der Abstellung noch eine Untersuchung erhalten hatten, wurden reaktiviert und verdienten ihr Gnadenbrot zuletzt noch bis Ende Mai 1998 im Bw Halle P. Damit war die Einsatzgeschichte bei Reichsbahn und Deutscher Bahn AG endgültig zu Ende.
Zum Abschluss eine kleine Episode: (West-) Deutsche Beamtengründlichkeit kam 1993 auf die Idee, zu prüfen, ob die ostdeutsche Baureihe 109 überhaupt für westdeutsche Gleise geeignet sei. Das Bw Leipzig Hbf West schickte die 109 059 vom 1. März bis zum 1. April 1993 nach München-Freimann, wo sie vier Wochen stationär geprüft wurde und anschließend an vier Tagen insgesamt 1.154 Kilometer bei Messfahrten absolvierte. Am Ende wurde ihr sogar die Tauglichkeit anerkannt! Tatsächlich hat die Baureihe 109 das ehemalige DB-Gebiet, im Gegensatz zur Baureihe 142, aber nie planmäßig befahren.
Geblieben sind die dem DB-Museum gehörenden 211 001 in Halle und 211 049 in Weimar sowie einige durch Verkaufstricks gerettete Loks, die von einigen Betreibern noch eingesetzt werden.
Und nun noch allen Eisenbahnfreunden und Lokomotivkennern ins Merkbuch: Der Begriff „Holzroller“ für die Baureihen 109 und 142 wurde erst nach 1989 erfunden, als die Lokführer der Betriebswerke in den Nordbezirken der DDR, vor allem in Stralsund, von der Baureihe 243, auf der sie die Ellokausbildung erhalten hatten, auf einige wenige 211 umsteigen mussten. Der geringere Bedienkomfort gab dafür den Anlass. Kein Lokführer aus den übrigen Bezirken wäre vorher auf diesen Begriff gekommen. Zuerst erhielten bis 1965 alle die Erstausbildung auf Altbauellok, später bis 1985 auf den neuen Maschinen der Baureihen 211 und 242. Ihre Ellokausbildung war meist mit dem Umstieg von der Dampflok, später auch von der Diesellok, verbunden. Da war die neue Tätigkeit auf einer E 11/211 ein Quantensprung, der keinesfalls diesen abwertenden Begriff hervorgebracht hätte. Einen anderen Ursprung für den Begriff „Holzroller“ gibt es deshalb auch nicht.
Ihr etwas schnelles Ende fand die Baureihe E 11/ 211/109 vor allem wegen des fehlenden elastischen Antriebes. Dieser Mangel mindert aber nicht ihre Erfolgsgeschichte, an die wir hier, nach einem halben Jahrhundert E 11, in angemessener Form erinnern wollen. Wolfgang Müller

Noch mehr Bilder und Infos finden Sie in LOK MAGAZIN 05/11

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