Schmalspur ade

Als die DB 1983 die Einstellung der württem­bergischen 750-mm-Bahn verkündete, bedeutete dies auch das Ende des Schmalspurbetriebes auf dem Festland.

 
Im Herbst 1981 war die Schmalspurwelt in Oberschwaben noch in Ordnung. 251 903 ist mit ihrem Güterzug von Warthausen bei Barabein auf dem Weg nach Ochsenhausen © Lok-Magazin
Anfang Februar 1983 verkündete die Deutsche Bundesbahn die Einstellung ihrer letzten Schmalspurbahn auf dem Festland von Warthausen nach Ochsenhausen, vom Volksmund liebevoll „Öchsle“ genannt, zum 31. März des Jahres. Nach dieser Stilllegung blieb nur noch die meterspurige, gewinnträchtige Wangerooger Inselbahn mit ihrem Verkehrsmonopol.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatte man in Württemberg noch große Pläne: Ganze Netze von Schmalspurbahnen sollten das Land erschließen, ähnlich, wie es in Sachsen dann tatsächlich erfolgte. In Württemberg blieb es bei nur einigen Stichstrecken, ein Schicksal, das auch auf die Verbindung von Biberach (Riss) über Warthausen nach Ochsenhausen zutrifft.

1899 wurde der Betrieb zwischen Warthausen und Ochsenhausen eröffnet, im folgenden Jahr wurde Biberach erreicht, wobei die Südbahn Ulm – Friedrichshafen in Warthausen schienengleich gekreuzt wurde.

An dieser, auch durch Signale gesicherten Kreuzung, ereignete sich trotzdem am 6. Januar 1944 das schwerste Zugunglück in der Geschichte des „Öchsle“, als der von einer Lok der Baureihe 181 geführte P 1521 dem Schmalspurspur-GmP 303 in die Flanke fuhr: Zwölf Tote, zahlreiche Schwer- und Leichtverletzte sowie vier völlig zerstörte und zwei beschädigte Schmalspur-Personenwagen waren zu beklagen.

Im großen Bogen nach Ochsenhausen
Die insgesamt 22 Kilometer lange Strecke sollte möglichst viele Ortschaften erschließen und wurde daher wie in einem großen Bogen erbaut – die Luftlinie zwischen den Endbahnhöfen misst nur rund zehn Kilometer! Die Erstausstattung der Bahn bestand aus zwei neuen B’B-Mallet-Dampflokomotiven der Bauart Tssd, acht zweiachsigen Personenwagen und zwei Gepäckwagen.

Neben einigen offenen und geschlossenen Güterwagen gab es noch Spezialwagen für den Transport von Langholz sowie drei Rollbockpaare zur Beförderung von Normalspurwagen. Aufgeschemelte Wagen wurden nur zwischen Warthausen und Ochsenhausen befördert, in Warthausen waren zwei Rollbockgruben vorhanden.

Anfangs verkehrten täglich in jeder Richtung zwei Personenzüge, ergänzt durch einen Güterzug mit Personenbeförderung (GmP) zur Abwicklung des Güterverkehrs. Nach Übernahme der Bahn durch die Deutsche Reichsbahn wurde der Oberbau verstärkt, und sächsische VI K-Loks bespannten nun die meisten Züge.

Um die Überlastung des Bahnhofs Ochsenhausen zu lindern, war schon 1920 der Güterbahnhof Ochsenhausen mit normal- und schmalspurigen Ladegleisen und zwei Rollbockgruben in Betrieb genommen worden.

1953: Eine Dampflok genügt
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Deutsche Bundesbahn, den Betrieb zu rationalisieren, unter anderem durch den Ersatz von Personenzügen durch Busse. Besetzte Haltestellen wurden in unbesetzte Haltepunkte umgewandelt und auch Bahnübergänge beseitigt oder technisch gesichert.

Schon 1953 schlug die BD Stuttgart vor, den Abschnitt von Biberach nach Warthausen stillzulegen, man erhoffte sich, 360 monatliche Zugkilometer und das ganztägig besetzte Stellwerk in Warthausen einsparen zu können. Doch dazu kam es erst zehn Jahre später. Der Verkehr war mittlerweile auf ein Personenzugpaar für den Schüler- und Berufsverkehr sowie ein Güterzugpaar zusammengeschrumpft, für das nur noch eine Dampflok benötigt wurde.

1964: Personenverkehr eingestellt
Das Jahr 1964 war geprägt von den umfangreichsten Rationalisierungsmaßnahmen: Zum 31. Mai wurde das letzte verbliebene Personenzug-Paar eingestellt, nachdem in den Wochen zuvor noch zahlreiche Abschiedsfahrten für die Bevölkerung und Eisenbahnfreunde durchgeführt worden waren.

Von den sieben noch vorhandenen Reisezugwagen wurden zwei im Güterbahnhof Ochsenhausen „warm abgebrochen“ – auf Deutsch: verbrannt –, die anderen Wagen fanden noch eine Verwendung bei der Bottwartalbahn. Durch den Ausbau der Güteranlagen in Warthausen konnte jetzt endlich die Teilstrecke Biberach – Warthausen aufgegeben werden, dadurch entfiel auch die unfallträchtige Normal-/Schmalspurkreuzung in Warthausen.

Zwei neue Dieselloks
Im Spätsommer 1964 hielt auch die „neue Zeit“ Einzug beim „Öchsle“: Die Bahn wurde mit zwei neuen Dieselloks (V 51 901 und 902) ausgestattet, sodass der planmäßige Dampfbetrieb beendet werden konnte. Nur bei Ausfall oder leihweiser Abgabe einer Diesellok an eine andere württembergische Schmalspurbahn kam hin und wieder noch eine Dampflok zum Einsatz.

Personalstunden konnten auch damit eingespart werden, indem die eingesetzte Diesellok nachts in Warthausen übernachtete und Leerfahrten zum Lokschuppen in Ochsenhausen entfallen konnte.

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