Spitzname »Rollwagen«

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Mit dem Regler und der Steuerung konnte ich ganz gut umgehen, die Zusatzbremse zu bedienen war auch kein Kunststück. Wichtig war, der Lok beim Bremsen keine Schleifstellen auf den Radreifen beizubringen. Die Rangiersignale kannte ich alle durch jahrelanges Zuschauen am Zaun. So klappte alles gut und ich war glücklich.

Ich verbrachte den ganzen Nachmittag auf einem „Rollwagen“, der eigentlich gar nicht zum Rangieren gedacht ist. Planmäßig waren in Glauchau ansonsten die sächsischen 94er im Rangierdienst tätig, die ich später auf der Heizerseite ausgiebig kennen lernen durfte.
In den Jahren 1961/62 hatte Glauchau auf Grund von Lokmangel zwei 382-3, die 38 352 und die 38 353, als Lokhilfe erhalten. Sie wurden nicht planmäßig eingesetzt und erschienen manchmal mit Personenzügen auf der Muldentalbahn sowie auf der Strecke nach Stollberg oder auch mal im Rangierdienst. Im August 1962 rollten die Loks in die Betriebswerke nach Annaberg-Buchholz und nach Rochlitz ab.

Der Schornstein gefällt mir nicht!
Als die 38 205 als Museumslok abgestellt war, missfiel mir schon auf der Lokschau in Radebeul Ost 1971 der Blechschornstein der Lok. Bei einer Exkursion nach Halberstadt und Oschersleben sah ich im Lokschuppen in Oschersleben die Brandenburger 38 5268 (schon mit EDV-Nummer) zu einer Kesseluntersuchnung stehen. Diese Lok hatte noch einen schönen Gussschornstein mit Aufsatz. In Absprache mit Gerhard Arndt vom Verkehrsmuseum Dresden schrieb ich an das Bw Brandenburg, um nach der Abstellung der Lok den Schornstein sicherstellen zu lassen. Die Kollegen in Brandenburg spielten mit, bauten den Schornstein vorsichtig ab und Gerhard Arndt konnte die Esse mit einem B-1000-Transporter von Ketzin nach Rostock bringen. Im Bw Rostock wurde der Schornstein vor der Lokausstellung zur Ostseewoche 1972 auf den Kessel der 38 205 gesetzt und damit war die Lok wieder so richtig sächsisch.

Jährliche Besuche in Hilbersdorf
Ein besonderes Ereignis war für mich die Fahrt als Lokführer auf der Museumslok 38 205 am 22. Juni 1980 mit einem DMV-Sonderzug „Rund um Rostock“ (Rostock – Laage – Plaaz – Güstrow – Rostock) gemeinsam mit der Karl-Marx-Städter Stammbesatzung. Irgendwie ist mir diese Lok ans Herz gewachsen. Bei den alljährlich stattfindenden Heizhaustagen in Chemnitz-Hilbersdorf statte ich immer dem „Rollwagen“ einen Besuch ab.

Von Heinrich Horstmann

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 12/09

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