Städteschnellverkehr in der DDR: Züge mit Weltniveau?

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Berlin – Karl-Marx-Stadt
Wegen Oberbauarbeiten wurden die Züge nicht mehr über Jüterbog – Falkenberg (Elster) nach Riesa geleitet, sondern fuhren über Dresden. 1969/ 1970 fuhren D 1141/1142 wieder über Falkenberg – Riesa und anschließend über Dresden. Für das Wenden in Riesa gingen 12 bzw. 13 Minuten verloren. 1971 gab es nur eine Frühverbindung von und eine Abendverbindung nach Berlin. 1973 entfiel der Städteschnellverkehr ganz.

Berlin – Dresden
Im Sommerfahrplan 1968 entfiel D 1132; die Strecke war dafür mit den Zügen nach und von Karl-Marx-Stadt sowie von einer Anzahl Zügen belegt, die nach der Tschechoslowakei fuhren, aber im Binnenverkehr benutzt werden durften.

Berlin – Leipzig
Die Züge erhielten im Winterfahrplan 1968/1969 Gesellschaft durch eine Frühverbindung von Gera und eine Abendverbindung nach Gera, allerdings nicht auf dem direkten Weg, sondern über Jena und mit Verkehrshalt auf dem Saalbahnhof. 1970 fuhren die Züge zwischen Gera und Leipzig über Zeitz und wurden (wegen der besseren Abstellmöglichkeiten) von und bis Greiz verlängert.

Berlin – Rostock
Mit der Begründung, man müsse den Feriengästen am Müritzsee (Ferienheim Klink!) eine gute Zugverbindung bieten, hielten alle Städteschnellverkehrszüge von und nach Rostock in Waren (Müritz), seit 1964 außerdem in Güstrow, Neustrelitz und Oranienburg. 1969 wurden D 1192/1193 nach und von Warnemünde verlängert.

Zahlenspiele
Im Sommer 1965 hatte sich ein Schnellzug unter die Elfhunderter-Nummern gemischt, der eigentlich nicht zum Städteschnellverkehr gehörte: Es war der D 1100 Stralsund – Berlin – Erfurt – Frankfurt (Main), der nur im Sommer sowie zum Jahreswechsel und zu Ostern verkehrte. Weil ihn viele Rentner benutzten, verkehrte er nach einem Jahr ohne diese Einschränkungen. Er durfte bis Eisenach im Binnenverkehr benutzt werden.

Am 3. Juni 1973 wurden die Elfhunderter-Nummern aufgegeben; der Städteschnellverkehr lief jetzt nach dem Grundsatz „Je kleiner die Nummer, desto wichtiger der Zug“ mit Hunderter-Nummern, zum Beispiel D 100 Greiz – Gera – Leipzig – Berlin. Im Fahrplan 1975/1976 legte die Reichsbahn zwischen Berlin und Leipzig zwei Triebzüge der Baureihe 175 ein, die als platzkartenpflichtige Ext 102, 103, 108 und 109 verkehrten. Dafür entfiel ein Zugpaar des Städteschnellverkehrs. Seit diesem Fahrplanabschnitt erhielten sämtliche Schnellverkehrszüge aus der Fertigung im Raw Halberstadt einen Speisewagen der Gattung WRg.

Im Schatten des Städte-Express
Die Züge des Städteschnellverkehrs blieben im Schatten der vom 25. Oktober 1976 an eingelegten Städte-Expresszüge. Von ihnen blieben zwölf Züge übrig, jetzt mit Tausender-Nummern: D 1000 Gera – Berlin (verlängert als D 512 nach Stralsund), 1020 Berlin – Rostock usw.

Vom 2. Juni 1985 an waren es wieder weniger geworden, denn zwischen Berlin und Leipzig verkehrte nur noch ein Städteschnellverkehrszug, der D 1066, fortgesetzt als Eilzug nach und von Zwickau. Immerhin gingen D 1051 Berlin – Erfurt und D 1056 der Gegenrichtung auf den Eilzug 603 nach Meiningen über bzw. kamen vom E 604, so dass es zwei zusätzliche umsteigefreie Verbindungen zwischen Berlin und Suhl – Meiningen gab. Das war aber weniger ein Kundendienst als der Not mit den Abstell- und Reinigungskapazitäten in Erfurt Hbf, außerdem dem Wagenmangel für die Eilzüge, geschuldet.

Nur noch bis zum 27. Mai 1989 verkehrten die D 1020/1025 Berlin – Rostock und zurück, im Jahresfahrplan 1989/1990 waren lediglich noch die D 1000/1007 von und nach Gera sowie D 1050/ 1057 von und nach Erfurt – Meiningen geblieben. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Noch fuhren die Städte-Expresszüge und gab es andere Schnellzugverbindungen.
Der Fahrplan 1990/1991 musste sich dem neuen Reiseverkehr in Richtung Westen anpassen, die Tausender-Zugnummern waren diesen Zügen vorbehalten. Der klägliche Rest von Städteschnellverkehr erhielt die Zugnummern D 700 und 707. Am 2. Juni 1991 erschien er überhaupt nicht mehr im Fahrplan. Das erstrebte „Weltniveau“ von 1960 hatte sein Ende gefunden. 
 
Von Erich Preuß

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 04/10

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