TEE

Idee aus Holland: 1957 fuhr der erste TEE: erstklassig, vorwiegend für Geschäftsreisende in West-Europa gedacht. Doch das Flugzeug und zweiklassige schnelle Züge machten ihn 30 Jahre später überflüssig

 
Hannover im September 1957: Weil die neuen VT 115 noch nicht alle einsatzbereit waren, vertraute die Deutsche Bundesbahn eine Zeit lang auf die bewährten Vorkriegs-SVT der Bauart „Berlin“ © Lok-Magazin
Als der Niederländer Dr. Franciscus Querien den Hollander, Generaldirektor der dortigen Staatsbahnen, 1 954 vor die UIC *) trat, um seine Ideen für ein Netz von Trans-Europ-Express - Zügen vorzutragen, waren gerade einmal neun Jahre seit dem Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges vergangen.

Noch immer litten die Eisenbahnen unter den Zerstörungen. Hohe Geschwindigkeiten und erstklassiges Reisen waren vielerorts gar nicht möglich. Ganz so neu waren den Hollanders Ideen aber nicht. In England, in Frankreich, in Italien und in Deutschland hatte es schnelle und luxuriöse Tagesverbindungen zwischen den Metropolen auch schon vor dem Krieg gegeben.

Auch das Arbeiten im Zug für Geschäftsleute war schon möglich gewesen, gepflegtes Speisen sowieso. Neu an den Hollanders Vorschlägen war, dass diese Vereinigung TEE eine selbstständige Gesellschaft sein sollte, überstaatlich und unabhängig, mit eigenen Fahrzeugen und Personal agierend. Das war der Zeit voraus, dazu kam es nie.

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
Vertreter der Bahnverwaltungen von sieben westeuropäischen Ländern – NS, SNCB, SNCF, CFL, DB, SBB und FS – schlossen sich zu einer Kommission zusammen, die das weitere Vorgehen planen und vorantreiben sollte. Es war natürlich kein Zufall, dass diese Staatsbahnen exakt zu den Ländern gehörten, die – außer der Schweiz – die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bildeten.

Die EWG war der erste Zusammenschluss von europäischen Staaten zur Förderung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik im Rahmen der europäischen Integration. Am 25. März 1 957 war die EWG mit der Unterzeichnung der „Römischen Verträge“ durch Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland gegründet worden.

„Einer wird gewinnen“ mit „Kuli“
Wer von den älteren Lesern erinnert sich nicht noch an das unterhaltsame Ratespiel EWG: „Einer wird gewinnen“? Es wurde vom legendären Hans- Joachim Kulenkampff 1 964 bis 1 969 und 1 979 bis 1 987 moderiert. Diese Samstagabend-Familiensendung mit Ratekandidaten aus den sechs EWGLändern griff bewusst die Idee der europäischen Einigung (und Versöhnung!) auf und wurde Kult.

Es ist in unserer globalen Welt heute kaum noch vorstellbar, wie solch eine Show Länder versöhnte, die eine Generation zuvor noch Krieg gegeneinander geführt hatten. Wir im Osten schauten begeis - tert mit zu. Europa war ein Zauberwort gegen Muff und Provinzialität! Und die TEE-Züge sollten diesen neuen, offenen Geist verkörpern. Zu Einheitsfahrzeugen, wie einmal angestrebt, kam es nicht.

Dafür war die Zeit nicht reif. Vielleicht ein Glück? War es überhaupt erstrebenswert? Bis heute gibt es nur wenige Eisenbahnfahrzeuge, die europaweit bestellt und eingesetzt werden. Grenzen gibt es kaum noch, aber technische Unterschiede, Vorschriften und Einschränkungen zur Genüge.

Die Fahrzeuge
Also bestellte sich die Bundesbahn ihren VT 1 1 5 für den TEE-Verkehr. Insgesamt lieferten 1 957 die MAN 19 Maschinenwagen, Linke-Hofmann-Busch 23 Abteilwagen und die Waggonfabrik Wegmann acht Großraum-, acht Speise- und neun Küchenwagen. Damit wurden planmäßig siebenteilige (möglich waren zehnteilige) Triebzüge mit 1 22 Sitzplätzen sowie 46 im Speiseabteil gebildet.

Ein Zug war 130 Meter lang. Er bestand aus je einem Maschinenwagen am Zugende, zwei Abteilwagen, einem Großraumwagen, einem Speisewagen mit Bar und Fahrgastraum sowie einem Küchenwagen mit Speiseraum. Das Erscheinungsbild der neuen Züge wurde vom Architekten und Industriedesigner Klaus Flesche entwickelt, dem langjährigen Leiter der Abteilung Industrial Design der MAN.

Mit dem TEESymbol an der Front wurden sie sofort zum Inbegriff des neuen erstklassigen Reisens. Die Schweizer punkteten im TEE-Dienst mit ihren eleganten Vierstrom-Triebzügen RAe. Vier davon (1 051 – 1 054) gingen 1 961 in Betrieb, der 1 055 folgte 1 967. Zuvor hatten SBB und Niederländische Staatsbahn ehrlich versucht, den Gedanken eines gemeinsam bestellten Fahrzeuges zu verwirklichen.

Heraus kamen 1957 zum Start des TEE-Systems fünf Diesel-Triebzüge mit einem Maschinenwagen und drei Wagen für die Reisenden. Mit ihren bulligen und kantigen- Frontpartien waren sie sehr markant. Bei den NS hießen sie DE 1 001 – 1 003, in der Schweiz RAm 501 und 502.

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