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Um nicht hinter der Konkurrenz zurückzufallen, sollten die Potenziale des klassischen Schienenverkehrssystems ausgelotet und alle Bereiche, also Fahrzeug, Antrieb, Energieübertragung, Fahrweg, Fahrwegsicherung etc. erforscht werden. Über die Möglichkeiten des Schienenverkehrs lagen damals keine gesicherten Erkenntnisse vor. Aber den theoretischen Arbeiten folgten keine praktischen Schritte. Ohne Rückendeckung der oberen Etagen der Bundesbahn blieb der Projektgruppe Rad/Schiene nur, im Rahmen des Rad/Schiene-Forschungsprogramms der Bundesregierung sich weiter mit der theoretischen Vertiefung der Forschungen zu befassen.

In den lähmenden 1970er-Jahren fehlten dieser Projektgruppe nicht nur die finanziellen Mittel für die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse, sondern auch die Perspektive. Ein Mitte der 1970er-Jahre als Erprobungsträger entwickeltes Triebfahrzeug für 400 km/h war ebenso wenig wie eine Versuchsanlage realisiert worden. Neben dem 1982 eingeweihten Rollprüfstand war 1979 nur ein antriebsloses Versuchsfahrzeug (VF) 1 von der Indus­trie gebaut worden.

Im Jahr 1978 erfolgte eine Konzentration aller Beteiligten des Forschungsbereichs Hochgeschwindigkeitsverkehr in der „Forschungsgemeinschaft Rad/Schiene“. Die nun weitgehend abgeschlossenen theoretischen Arbeiten erlaubten die Planung eines Versuchsfahrzeugs, das unter der „Bezeichnung Rad/Schiene-Versuch- und Demonstrationsfahrzeug“ (R/S-VD) geführt wurde. Ohne Einbindung in ein Hochgeschwindigkeitsverkehrskonzept plante man einen zehnteiligen Triebzug, alternativ eine vierteilige Kurzversion mit zwei Mittelwagen. Da die Industrie aber nicht bereit war, einen Eigenanteil an der Finanzierung zu übernehmen und sich die Haushaltslage von Bund und Bahn weiter verschlechterte, rückte der Bau dieses Fahrzeugs in weite Ferne.

Vorläufer ICExperimental
Die Entscheidung des DB-Vorstands, ein Demonstrationsfahrzeug als Vorläufer für ein Serienfahrzeug des HGV zu bauen und die Zusage finanzieller Unterstützung durch die Politik setzten gewaltige Kräfte frei. Um das Fahrzeug rechtzeitig zum Jubiläum im Dezember 1985 in Betrieb nehmen zu können, musste alles ganz schnell gehen. Und so geschah es – trotz erheblicher innerer Widerstände bei der Bahn – auch. Die Vorarbeiten im Rahmen des Rad/Schiene-Forschungsprogramms zahlten sich jetzt aus. Die DB war bereit, sich an der Finanzierung des Konzeptfahrzeugs maßgeblich zu beteiligen und die Projektleitung zu übernehmen. Die Pläne des R/S-VD bildeten die Grundlage für das Fahrzeug und aus der Projektgruppe Rad/Schiene konnte eine Keimzelle für den ICE werden. 72 Millionen DM standen für das Fahrzeug zur Verfügung, das in einem ersten Schritt auf die Kurzvariante mit zwei Mittelwagen reduziert wurde. Bei fortgeschrittener Planung entschloss sich die DB, einen dritten Mittelwagen selbst zu finanzieren.

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