Zwei Jahrzehnte Plandampf

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21 Jahre gingen ins Land, bis in Eisenbahnzeitschriften eine sensationelle Plandampfveranstaltung angekündigt wurde: 58 311 der UEF sollte an einigen Tagen im Mai des Jahres 1998 in ihre alte Heimat zurückkehren und stilechte Personen- und Güterzüge durch das Erzgebirge ziehen. So auch über die Strecke von Zwickau nach Schwarzenberg und weiter in Richtung Johanngeorgenstadt. Sofort stand für mich der Entschluss unwiderruflich fest: Da muss ich hin! Damals hatte die Bahnlinie noch viel von ihrem Reichsbahnflair aufzuweisen und als der betagte E-Kuppler authentische Zuggarnituren hinauf bis an die tschechische Grenze schleppte, war die Illusion perfekt – auch wenn sich das Umfeld durch den Mauerfall mittlerweile völlig verändert hatte. Motive, die ich viele, viele Jahre zuvor so gerne angefertigt hätte, waren nun für einige Tage tatsächlich wieder möglich. Der berühmte Signalausleger in Wiesenburg, die Tunnelausfahrt in Schlema, 58er-Betrieb im herrlichen Schwarzwassertal. Man fühlte sich wirklich ins Jahr 1976 zurückversetzt. Nie hätte ich zwei Jahrzehnte zuvor gedacht, so etwas doch noch einmal erleben zu können!

Eine wunderbare Idee
Viele „Plandampfbilder“ haben sich in meinem Archiv seit der unerwarteten 86-Begegnung in Schlettau angesammelt. Doch, um ehrlich zu sein, ich staune nicht mehr, wenn sich eine 58 mit einem ellenlangen Güterzug von Zwickau bergan nach Aue quält. Wenn 65 018 samt Umbau-Dreiachsern durch das Ruhrgebiet zuckelt, eine „Zweiundsechzig“ wie selbstverständlich von Koblenz über Remagen nach Ahrweiler durch das schöne Ahrtal donnert oder eine 23-Doppeltraktion mit dem planmäßigen Regionalbahnzug von Mannheim „über den Buckel“ nach Heilbronn jagt. Ich staune vielmehr, dass diese herrliche Plandampfepoche schon fast 20 Jahre auf dem Buckel hat! Länger, als ich überhaupt den planmäßigen Dampfbetrieb bei der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn erleben durfte! Bleibt zu hoffen, dass sich auch in Zukunft unerschrockene und engagierte Eisenbahnfreunde finden und die wunderbare Idee „Plandampf“ auch zukünftig am Leben erhalten.

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 08/09

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