100 Jahre Tauernbahn

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Namensänderung
Nach Verlassen des Tunnels und drei Kilometern Fahrt entlang des Seebachs wird der Bahnhof Mallnitz-Obervellach erreicht, der südliche Verladebahnhof der Tauernschleuse. Gleich nach dem Bahnhof verschwindet die Bahn im 5.096 Meter langen Kaponigtunnel, der am 14. November 1999 die Strecke zwischen Mallnitz und Kaponig ersetzte, einen der letzten photogenen Abschnitte der alten Tauernbahn.

Der Bahnhof Kaponig trug früher den Namen Obervellach und war mit dem 365 Meter tiefer liegenden Ortskern durch eine Seilschwebebahn verbunden. Zum 1. Januar 1976 wurde der Seilbahnbetrieb eingestellt und eine Buslinie zum Bahnhof Mallnitz eingerichtet, der seitdem Mallnitz-Obervellach heißt. Die alte Seilbahnkabine kam für einige Jahre als provisorischer Unterstand zum Haltepunkt Oberfalkenstein.

Wandert man über das verwahrloste Gelände des schienenlosen Bahnhofs Kaponig zum Rettungsplatz am Südportal des neuen Kaponigtunnels, an dem sich die alte und die neue Trasse rechtwinklig kreuzen, kann man heute noch an der Stützmauer die Reste eines Wasserstandsanzeigers erkennen. Er gehörte zu einem hinter der Mauer gelegenen Behälter, aus dem die Vorräte der Dampfloks ergänzt werden konnten.

Die nächsten zehn Kilometer vom neuen Kaponigtunnel und dem sich anschließenden Ochenigtunnel bis Penk sind geprägt durch drei gewaltige Spannbeton-Bogenbrücken hoch über den Seitengräben des Mölltals: die Lindischgraben-Brücke (283 Meter lang), die Falkensteinbrücke (396 Meter *) und die Pfaffenberg-Zwenberg-Brücke (377 Meter), die mit 117 Metern zugleich Österreichs höchste Eisenbahnbrücke ist. Sie wurden bereits in den 1970er-Jahren in Betrieb genommen und ersetzten die alte Trasse, die sich mit zahlreichen kleineren Viadukten und Tunneln am Hang entlang wand. Diese Lehenstrecke zählte seinerzeit zu den bemerkenswertesten und schwierigsten Bauwerken ihrer Art. Hier befand sich auch die erste Pfaffenberg-Zwenberg-Brücke, deren Sanierungsbedürftigkeit den Um- und Ausbau der Tauernbahn Ende der 1960er-Jahre einleitete. Die Pfeiler der im Bogen liegenden einstigen dreiteiligen Stahlkonstruktion kann man von der neuen Trasse aus noch sehen.

Steilste Standseilbahn in Kolbnitz
Von Penk bis Kolbnitz sind noch die Zweniggrabenbrücke (216 Meter), die Litzeldorfergraben-Brücke (185 Meter) und die Riekenbach-Brücke (197 Meter) besonders erwähnenswert. Mit dem Umbau des Bahnhofs Kolbnitz im Juli 2009 wurde der durchgehende Ausbau der Südrampe vollendet. Kolbnitz ist auch der Ausgangspunkt der Standseilbahn auf das Reißeck. Sie führt auf eine Seehöhe von 2.236 Meter und gilt als die steilste Standseilbahn Europas. Von ihrer Bergstation aus erschließt eine schmalspurige Höhenbahn das hochalpine Wander- und Skigebiet.

Nach den Bahnhöfen Mühldorf-Möllbrücke (638 Meter über dem Meer) und Pusarnitz (564 Meter) ist der Talboden erreicht. Bei Lendorf trifft die Tauernbahn auf die Drautalbahn, die ehemalige Südbahnstrecke von Lienz. Nun sind es noch sechs Kilometer bis zum Endpunkt, dem auf 544 Metern Seehöhe gelegenen Bahnhof Spittal-Millstättersee. Hier endet bei 80,9 die Kilometrierung der Tauernbahn. Tatsächlich beträgt die Streckenlänge durch die Begradigung nur noch knapp 80 Kilometer. Die damit einhergehende Erhöhung der Steigung auf bis zu 29 Promille ist heute für den elektrischen Betrieb ohne Belang.

Das 100-jährige Jubiläum
Am 5. Juli 2009, auf den Tag genau 100 Jahre nach der Eröffnung der Südrampe und damit des durchgehenden Betriebs auf der Tauernbahn, beging Mallnitz den runden Geburtstag dieser wichtigen Gebirgsbahn. Wie einst wurde Kaiser Franz Joseph am Bahnhof von einer Blaskapelle empfangen, bevor im Ortskern von Mallnitz die eigentliche Feier mit Sonderpostamt, Ausstellungen zur Bahngeschichte, Informationsständen und natürlich Verpflegung und Musik begann.
Zum Festakt wurden zwei Sonderzüge eingesetzt: Der Rail Jet mit 1116 212 von Salzburg und die 1020 018 der Lienzer Eisenbahnfreunde mit einem Nostalgiezug aus Schlierenwagen von St. Veit. Höhepunkt war die Parallelfahrt beider Garnituren von Spittal-Millstättersee bis Mallnitz.

Von Thomas Wunschel

Ein Artikel  aus LOK MAGAZIN 10/09

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