Baureihe 199.8

Seiten

Abbruch des Umbaus
Im Dezember 1989 lief schließlich im Raw Stendal der Serienumbau der Baureihe 110 auf Meterspur an. Die DR wollte etwa zwei Maschinen pro Monat in Dienst stellen. Bis Januar 1992 sollten dann insgesamt 30 Maschinen der Baureihe 199.8 im Bw Wernigerode stationiert sein. Wäre es nach dem Willen der Rbd Magdeburg gegangen, wären dann so gut wie alle Züge auf den Schmalspurbahnen des Harzes mit „Kamelen“ bespannt gewesen. Für einen bescheidenen Nostalgie-Verkehr sollten lediglich die 99 6001 sowie vier Neubau-Dampfloks erhalten bleiben. Entsprechend diesen Planungen stellte das Raw Stendal am 28. Dezember 1988 die 199 872 fertig, die schließlich am 17. Januar 1990 in Dienst gestellt wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hatte aber die Rbd Magdeburg ihre Planungen hinsichtlich der Baureihe 199.8 bereits wieder zu den Akten gelegt. Mit der politischen Wende in der DDR und der Grenzöffnung im Herbst 1989 wurde der Protest der Anwohner und der Touristen gegen den Einsatz der „Kamele“ unüberhörbar. Auch Eisenbahner des Bw Wernigerode sprachen sich nun offen für den weiteren Erhalt der Dampftraktion aus. Anfang 1990 reagierte die Verwaltung der Maschinenwirtschaft in Magdeburg. Bereits am 12. Januar 1990 wurde das Umbau-Programm auf elf Maschinen verringert. Da der Güterverkehr auf der Harzquer- und der Selketalbahn bereits im Frühjahr 1990 zusammenbrach, wurde die Zahl der umzubauenden V 100 schließlich auf zehn verringert. Bis zum 1. Juni 1990 folgte den bereits vorhandenen drei „Kamelen“ lediglich 199 861. Die restlichen sechs Loks wurden ab dem Spätsommer 1990 umgebaut. Als letzte ihrer Baureihe verließ 199 892 am 21. Dezember 1990 das Raw Stendal.

Mit Beginn des Jahresfahrplans 1990/91 hatte die Rbd Magdeburg den Güterverkehr auf den Schmalspurbahnen im Harz auf ein Minimum zusammengestrichen. Planmäßig verkehrten jetzt nur noch auf dem Abschnitt Nordhausen Nord – Hasselfelde/Silberhütte Nahgüterzüge, für die in Nordhausen planmäßig „Kamele“ vorgehalten wurden. Da aber der Schadbestand bei der Baureihe 99.23-24 noch immer sehr hoch war, mussten die Lokleiter die beim Publikum unbeliebten Dieselloks auch im Reisezugdienst einsetzen.
Außerdem machten sich die Maschinen der Baureihe 199.8 ab Ende Mai 1991 bei der Sanierung der Brockenbahn nützlich. In den folgenden Wochen und Monaten bespannten die Dieselloks unzählige Schotter- und Arbeitszüge.

Parallel dazu liefen bereits seit Frühjahr 1991 die Vorbereitungen zur Privatisierung der Harzquer-, Brocken- und Selketalbahn. Vor diesem Hintergrund verzichtete die DR auch auf die für den 1. Januar 1992 terminierte Umzeichnung der zehn „Kamele“ in 299 110 bis 299 119. Die Maschinen behielten daher ihre angestammten Nummern.
Am 1. Februar 1993 übernahm schließlich die „Harzer Schmalspurbahnen GmbH“ (HSB) den Betrieb auf dem rund 120 Kilometer langen Streckennetz. Damit wechselten auch die zehn „Kamele“ zur HSB. Diese kamen weiterhin im nur noch bescheidenen Güterzugdienst zum Einsatz oder dienten als Betriebsreserve.

Im Sommer 1994 ereignete sich der bisher schwerste Unfall in der Geschichte der Baureihe 199.8. Am 21. August 1994 stieß 199 872 bei der Talfahrt im Thumkuhlental zwischen Steinerne Renne und Drei Annen Hohne mit der 99 222 frontal zusammen. Dabei wurden 31 Personen verletzt, sechs davon schwer. An beiden Maschinen entstand erheblicher Sachschaden. Die HSB brachte die 199 872 zwar umgehend in das ehemalige Raw Stendal zur Aufarbeitung, doch diese wurde 1995 unterbrochen. Auslöser dafür waren erste Überlegungen, den Güterverkehr auf den Strecken der HSB anstelle von Rollwagen nun mit modernen Rollböcken abzuwickeln. Da die Vorarbeiten dazu aber erheblich länger als gedacht dauerten, konnte die Instandsetzung der 199 872 erst im Dezember 1996 abgeschlossen werden.

Seiten

Tags: 
Weitere Themen aus dieser Rubrik

ET 184 41, 42/ ET 185 01: Elektrische Pioniere

Am 4. Dezember 1895 eröffnete die Localbahn AG in Württemberg zwischen Meckenbeuren und Tettnang die erste elektrische Vollbahn in Europa.

Für den...

weiter

Baureihe 140 im Emsland: Die Funken schlagen

Im Emsland tummelten sich früher die Dampflokfans. Doch Geschichte wiederholt sich: Das Emsland zieht heute Ellok-Nostalgiker an. Warum das so ist, lesen Sie hier!

Lokführer im Ruhrgebiet in den 1970ern: Oft um den Kirchturm herum

In den frühen 1970er-Jahren arbeitet Peter Schricker als Lokheizer im Bahnbetriebswerk Duisburg-Wedau. Seine Dampflok-Einsätze sind die typischen jener Jahre:... weiter