Baureihe 78 (IV): Über 50 Jahre zwischen Ostsee und Bosporus aktiv

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Was blieb?
Eine erfolgreiche Lok ist es allemal wert, der Nachwelt erhalten zu bleiben. Von der T 18 existieren in Deutschland heute noch fünf Maschinen. Hinzu kommen je eine in Polen und eine in der Türkei. Die 78 009 gehört zum Bestand des VM Dresden, 78 246 ist beim deutschen Dampflokmuseum in Neuenmarkt-Wirsberg hinterstellt und 78 510 war lange Jahre Denkmallok in Witten. Heute kümmern sich die Eisenbahnfreunde Witten um den Erhalt der Lok.

Die 78 468 wurde zunächst vom Museum Hamburgische Geschichte erhalten, um dann im Jahr 1999 wieder betriebsfähig aufgearbeitet zu werden. Heute ist sie in Lengerich in Ostwestfalen beheimatet und zieht für den Verein Eisenbahn Tradition e. V. Sonderzüge über die Gleise der Teutoburger Waldeisenbahn, aber nicht nur dort. In Tuttlingen soll, allerdings in desolatem Zustand, noch die 78 192 vorhanden sein. 

Im Museum von Warschau kann die 78 189 als polnische OKo 1-3 bewundert werden und in der Türkei ist die 37.05 als Museumslok erhalten, sie war die einzige türkische T 18, die auch außerhalb Istanbuls fuhr, in Izmir.

Über 50 Jahre konnte die T 18 alle in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, sie zog Schnellzüge auf der Insel Rügen und durchs norddeutsche Flachland, kämpfte sich mit vollbesetzten Berufspendlerwendezügen durch Hamburger und Frankfurter Vororte und ließ sich auch von schweren Doppelstockzügen auf dem Berliner Außenring nicht klein kriegen.

Die Lok erfüllte anstandslos das Leistungsprogramm der P 8, und obgleich es einige potenzielle Nachfolgekandidaten gab, blieb die Ablösung zur Dampfzeit aus. Die 62 war zu schwer, die 64 zu schwach, die 86 zu langsam. Die Neubauloks der Reihen 65 und 6510 hatten andere Leistungsprogramme und nur die 66er hätte ab 1956 die T 18 ablösen können. Doch da war das Urteil über die Dampftraktion in (West-) Deutschland schon gesprochen und die 78 blieb solange in Dienst, bis E 41 und V 100 (West und Ost) sie ersetzen konnten. Bis auf Belgien und die CSSR, wo nur Einzelstücke verblieben, erreichten viele T 18 das 50. Betriebsjahr, nur ganz wenige schieden vor dem 40. Einsatzjahr aus, was viel über die Qualität der Lokomotiven aussagt.

Einen wirklichen Fortschritt im Nahverkehr gab es dann erst in den 1990er-Jahren, als moderne E- und Dieseltriebwagen veraltetes Material nicht nur vom Fahrkomfort, sondern auch von den Fahrzeiten und der Wirtschaftlichkeit her weit hinter sich ließen.

So gesehen war die preußische T 18 eine der erfolgreichsten Lokomotiven, die je über europäische Gleise rollte. 

Von Stefan Vockrodt

Ein Artikel LOK MAGAZIN 05/10. 

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