Baureihe E 10 mit »Bügelfalte«: Karriere mit Knick

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Der „neue“ Rheingold von 1962
In Tradition des berühmten Luxuszuges „Rheingold“ der Vorkriegs-Reichsbahn von 1928 wertete die DB zum Sommerfahrplan 1962 den bisherigen, gleichnamigen F 9/10 zu ihrem Exklusivprodukt auf. Ausschließlich klimatisierte Schnellzugwagen in der Sonderlackierung kobaltblau/beige und mit innovativer Ausstattung – sei es als Großraumwagen oder als Aussichtswagen mit Glaskuppel – bildeten den Zug. Die zumindest ab dem Ruhrgebiet nach Süden durchgängige Elektrifizierung gab den Einsatz der E 10 vor, welche zum damaligen Zeitpunkt, drei Jahre vor dem Erscheinen der E 03, die modernste Alternative darstellte.
Für die gegenüber dem herkömmlichen Fernverkehr höhere Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h mussten aus der laufenden Serienfertigung der E 10 zunächst sechs Loks modifiziert werden. Dies geschah nicht nur in technischer Hinsicht, sondern man nutzte auch die Gelegenheit, den Lokkasten zu überarbeiten und optisch ansprechender zu gestalten. Basierend auf verschiedenen Designstudien des Herstellers Krauss Maffei entschied man sich für einen senkrechten, mittigen „Knick“ in der Stirnseite der Lok, welcher den Maschinen schnell den Spitznamen „Bügelfalte“ einbrachte. Die neue Gestaltung ermöglichte größere Frontfenster sowie ein weiteres, kleineres Seitenfenster zwischen Stirnseite und Tür. Frontschürzen und die Verkleidung der Puffer unterstrichen die elegante, aber auch kraftvoll wirkende Formgebung.
An den Seitenwänden verzichtete man auf das Mittelfenster und verkleidete die einzelnen Lüftergitter mit einem durchgehenden Lüfterband. Gekrönt durch das schon vom herkömmlichen Lokkasten bekannte silberne Dach vermittelten die „Bügelfalten“-E 10 nun jene Dynamik, welche man von einer Schnellzuglok erwarten durfte.
Nach einer Übergangsphase (siehe auch LOK MAGAZIN 3/2011) standen die als Unterbaureihe E 1012 bezeichneten E 10 1265 – 1270 ab Herbst 1962 in gleicher Farbgebung wie die Wagen des „Rheingold“ dem Betriebsmaschinendienst zur Verfügung.

„Bügelfalte“ auch für die Serien-E 10
Offenbar fand man an der neuen Form soviel Gefallen, dass man beschloss, auch die E 10 der normalen Fertigung damit auszustatten. Die letzte „Kasten“-E 10 wurde E 10 287, als erste blaue E 10 mit dem neuen Äußeren wurde am 6. August 1963 die E 10 301 abgenommen.
Bei den anderen Einheitsbaureihen verzichtete man auf diese Maßnahmen, sie behielten ihren ursprünglichen grünen Lokkasten. Technisch unterschieden sich die neuen Loks, allgemein als E 103 bezeichnet, abgesehen von einer um 0,3 Tonnen höheren Achslast, nicht wesentlich von der vorherigen Ausführung, aber immerhin wiesen sie einen mit 0,35 geringfügig verbesserten CW-Wert auf.

Noch einmal fünf für den „Rheinpfeil“
Aus dem Baulos E 10 299 – 323 zweigte man diesmal fünf Loks ab, die, als E 10 1308 – 1312 bezeichnet, blau/beige lackiert und ebenfalls mit Henschel-Drehgestellen für 160 km/h ertüchtigt, für die Beförderung des ähnlich dem „Rheingold“ ausgestatteten „Rheinpfeil“ dienten. Als dann noch bis zur Fertigstellung einer ausreichenden Zahl der neuen Schnellfahrlok 103 ein weiterer Bedarf an Elloks für 160 km/h bestand, wurden die nun mit Computernummern bezeichneten 112 485 – 504 mit einer entsprechenden Getriebeübersetzung versehen und ergänzten in den rot/beigen TEE- Farben die nun gleichermaßen lackierten und nummerierten ehemaligen E 1012 und E 1013. Mit der 110 510 endete die Beschaffung dieser Baureihe. Die nach Unfällen wieder aufgebauten 110 107 und 110 271 wurden ebenfalls mit dem modernen Lokkasten ausgestattet, wohingegen die aus der 139 134 umgebaute 110 511 die alte Kastenform behielt.
 

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