Baureihe E 10 mit »Bügelfalte«: Karriere mit Knick

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Versuchsträger E 10 299 und 300
Über zwei weitere Sonderlinge innerhalb der „Bügelfalten“ gilt es ebenfalls zu berichten: E 10 299 und E 10 300 wurden vor ihrer Ablieferung modifiziert und dienten der Erprobung möglicher Antriebe der neuen, geplanten E 03.
Während E 10 299 einen Henschel-Verzweigerantrieb erhielt, stattete man E 10 300 mit dem Siemens-Gummiringfederantrieb aus. Beide Loks konnten 200 km/h erreichen und absolvierten etliche Versuchsfahrten auf der Schnellfahrstrecke Bamberg – Forchheim. Auch erhielten sie verschiedene Stromabnehmer zur Erprobung, u. a. den bekannten DBS 54 mit BBC- und Wanisch-Wippe wie auch diverse Einholmstromabnehmer.
Noch einige Zeit nach Beendigung der Versuchsfahrten konnte man beide mit je einem Scheren und einem Einholmstromabnehmer beobachten. Weiterhin testete man in der E 10 300 die automatische Fahr- und Bremssteuerung in Form der Linienzugbeeinflussung.
Während E 10 299 schon bald nach Beendigung der Versuchsfahrten 1965 der Serienausführung angeglichen wurde, erfolgte der Rückbau ihrer Schwesterlok erst 1971, zuvor durfte diese sogar im E 03-Laufplan aushelfen. Interessanterweise wurde zwischen 1989 und 1997 mit 110 385 nochmals eine E 10 als Versuchsmaschine rekrutiert und von der DB als 751 001 bei verschiedensten Messfahrten eingesetzt. Heute erfüllt 110 169 bei DB Systemtechnik diese Aufgabe.
Die Reihen der E 10 sind im Jahr 2011 schon arg gelichtet. Die älteren „Kasten“-E 10 haben sich nahezu vollständig aus dem Betriebsdienst verabschiedet. Bei den „Bügelfalten“ sind es vor allem noch die jüngeren 1104, welche in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, im Rhein-Main-Gebiet, im Stuttgarter Raum und um München noch ein bescheidenes Auskommen finden (siehe Übersicht rechts). Ausschreibungen von Strecken und Vergabe an private Verkehrsunternehmen, wie z. B. bei der Bremer S-Bahn, fördern diese Entwicklung.
Noch etwas anders stellt sich die Situation bei den 115ern von DB Autozug dar, hier knüpfen die in Berlin-Rummelsburg beheimateten Loks zusammen mit den noch aktiven 113 267, 268 und 309 nach mittlerweile über 40 Einsatzjahren mit beachtenswerten Laufwegen an alte Zeiten an. Dennoch ist absehbar, dass die auch heute immer noch eleganten Maschinen nicht mehr allzu lange die Erinnerung an alte Bundesbahnzeiten wach halten werden.
Erhalten bleiben zumindest 110 348 und 113 311 des DB Museums am Standort Koblenz-Lützel, während die bis vor Kurzem noch im Regionalverkehr entlang des Rheins aktive ehemalige Versuchslok 110 300 leihweise der IG Einheitslokomotiven e. V. in Stuttgart überlassen wurde. Sie werden der Nachwelt ein nachhaltiges Zeugnis hervorragender und solider Lokomotivbaukunst geben können.

Von Dr. Frank Halter

Mehr Infos und Bilder in LOK MAGAZIN 08/11

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