Die Loks der V 90-Bauart

Baureihe V 90: Schwerer Rangierdiesel

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Kombilok: Die 296
Neben den „klassischen“ Funkfernsteuerloks gibt es seit 2004 auch eine als Kombilok bezeichnete Variante. Bei der Kombilok handelt es sich um 290, die mit einer speziell für den Einsatz an Ablaufbergen optimierten Abdrücksteuerung ausgerüstet wurden. Mit dieser kann das Abdrücken am Ablaufberg ohne Überwachung durch ein Stellwerk durchgeführt werden – eine weitere Personaleinsparung!

Getestet wurde dies bereits über mehrere Jahre mit den Münchner 290 125, 126, 177, 188 und 190, die äußerlich an ihrem Warnanstrich zu erkennen waren, was ihnen den Spitznamen „Tigerenten“ einbrachte. Im August 2004 wurde dann die ehemalige 290 043 als erste „offizielle Kombilok“ in 296 043 umbezeichnet und wiederum nach München zur Erprobung überführt.

Nach etlichen technischen Schwierigkeiten und einer sich über mehrere Jahre hinziehenden Zulassung dieser Umbauvariante sind heute 30 Loks der Baureihe 296 in Gremberg, Hagen, Mannheim und Seelze im Einsatz. Kurioserweise wurden die fünf Testloks nicht an den Serienumbau angepasst, so dass diese nach wie vor als 290 im Einsatz sind.

Zwischenzeitlich war auch einmal angedacht, Loks der Baureihe 291 mit der Abdrücksteuerung auszurüsten. Diese als Baureihe 297 zu bezeichnenden Loks waren für den Einsatz in Maschen vorgesehen. Diese Planung wurde mit der Bestellung von Voith-Neubauloks aber nicht weiter verfolgt.

Neue Kraft: Remotorisierung der 290/294
Die Baureihe V 90 hat sich im Betrieb als sehr zuverlässig erwiesen. Ungeachtet dessen haben die Loks nunmehr ein Alter erreicht, in dem ein wirtschaftlicher Betrieb nur nach Durchführung einer Modernisierung möglich ist. Die Vorserienloks haben als älteste Vertreter ihrer Baureihe mittlerweile 46 Jahre auf dem Buckel und auch die jüngste V 90 ist bereits über 30 Jahre alt.

Seit 2002 werden die 294 und die wenigen verbliebenen 290 mit neuen Viertakt-Dieselmotoren vom Typ 8V 4000 R 41 der in Friedrichshafen ansässigen Motoren- und Turbinenunion (MTU) ausgerüstet. Dieser Motor weist bei höherem Leistungsvermögen einen optimierten Kraftstoffverbrauch und ein deutlich verbessertes Abgasverhalten auf. Bis auf sieben bereits z-gestellte 290/294 wurden bislang 391 Loks im Fahrzeuginstandhaltungswerk Cottbus der DB AG umgebaut. Die Maschinen erhielten eine um 500 erhöhte Ordnungsnummer und sind äußerlich sehr gut an den neuen Rangierschutzgittern – umgangssprachlich auch „Wodkageländer“ genannt – auf dem Umlauf zu erkennen.

Die für eine museale Erhaltung vorgesehene 290 371 erhielt zwar ebenfalls den neuen Motor, blieb aber von weiteren äußerlichen Veränderungen verschont. Da nicht alle Loks im Rahmen der Remotorisierung auch eine Funkfernsteuerung erhielten, gibt es nun auch eine Unterbauart 290.5.
Die nummernhöchste 290 war bislang die 294 408. Nach der Remotorisierung hätte aus ihr also die 294 908 werden sollen, doch diese Nummer kollidierte, ebenso wie bei 294 401 – 407, mit den bereits erwähnten Saar-Doppelloks, die seit 2002 als 294 901 – 910 liefen. Also musste auch hier eine erneute Umzeichnung für Klarheit sorgen: Die Saar-Loks wurden daraufhin zum 1. März 2002 kurzerhand in 294 951 – 960 umgezeichnet.

Getrennte Einsatzgebiete
Die Einsatzgebiete der beiden V 90-Bauarten sind seit jeher weitgehend voneinander getrennt. Die 290 sind in ganz Deutschland heimisch, lediglich in den für die Seehäfen zuständigen Betriebswerken Bremerhaven (Bremen), Emden und Hamburg (Maschen) werden ausschließlich die 291 mit dem MaK-Motor eingesetzt. Ausnahmen bilden die Betriebswerke Braunschweig, Osnabrück, Seelze und seit einiger Zeit auch Rostock-Seehafen: Hier sind beide V 90-Bauarten anzutreffen.

Mit Gründung der Deutschen Bahn AG konnten sich die V 90 in den östlichen Bundesländern neue Einsatzgebiete erschließen. Eingesetzt werden die V 90 nach wie vor im schweren Verschub. Darüber hinaus kommen sie auch bei der Bespannung von Übergaben und bei der Anschlussbedienung zum Einsatz.

Erst eine ausgemustert!
Zum 1. Januar 2010 waren bis auf die 294 784, die nach einem schweren Unfall ausgemustert werden musste, alle Loks noch im Bestand von DB Schenker. Einige sind derzeit aber wegen Fristablauf und in Folge der Wirtschaftskrise auch mangels Bedarf von der Ausbesserung zurückgestellt.
Schlecht sind dagegen die Zukunftaussichten der eigentlich jüngeren 291/295. Da diese nicht remotorisiert wurden, sollen sie mittelfristig aus dem Bestand ausscheiden und durch die neue Baureihe 260 (Gravita 10 BB) des Kieler Herstellers Voith ersetzt werden. 2008 hat die Deutsche Bahn AG 130 Exemplare bestellt.

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