140 Jahre Altmühlbahn

Die Altmühlbahn: An Eichstätt vorbei

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Mit den Worten: „Indem ich diesen Antrag genehmige, spreche ich meine besondere Befriedigung darüber aus, dass es möglich war, bei Festsetzung der Eisenbahnlinie auch die Interessen der Stadt Eichstätt wahrzunehmen“, genehmigte „Märchenkönig“ Ludwig II. am 9. Januar 1867 den Bauantrag. Eichstätt erhielt nun seine Bahn, gleichzeitig aber auch nicht.

82 illegitime Geburten
Durch den Bau an Eichstätt vorbei kamen alsbald Gerüchte auf, Bischof von Oettl hätte aus Angst um Sitte und Moral gegen die Bahn interveniert. Dass diese mit den vielen Gastarbeitern oftmals litt, schilderte Pfarrer Pöhnlein: „Natürlich bringt die Bahn auch Verkehr! Aus allen Herren Ländern, Böhmen, Italien, Slovenien, Bayerischer Wald kommen die Arbeiter und Arbeiterinnen und suchen Quartier innerhalb Dollnsteins. 82 illegitime Geburten innerhalb zwei Jahren melden die schwerbeladenen Rubriken des Pfarrbuches“.

Sowohl von Gunzenhausen aus als auch von Pleinfeld kommend wurde Treuchtlingen recht einfach erreicht. Größere Baumaßnahmen waren nur bei den Altmühlbrücken in Gunzenhausen und Treuchtlingen erforderlich. In Windsfeld, Markt Berolzheim, Wettelsheim sowie Ellingen und Weißenburg entstanden kleine Bahnhöfe, in Ehlheim sowie bei Grönhart Haltepunkte. Ab dem 2. Oktober 1869 verkehrten zunächst täglich drei Zugpaare mit einer Fahrzeit von guten 60 Minuten auf der 25 bzw. 20 Kilometer langen Strecke.

Die weiteren 56 Kilometer bis Ingolstadt sollten erst ein gutes halbes Jahr später fertiggestellt sein. Ab Treuchtlingen gab weiterhin das nun recht enge Altmühltal den Weg vor, welches bis Wasserzell auch nicht mehr verlassen wurde. Allein sechs Brücken über den Fluss mussten auf diesem Abschnitt errichtet, ihm bei Pappenheim, Solnhofen und Hagenacker zudem ein neues Bett geschaffen werden, um den Mindestradius für Gleisbögen nicht zu unterschreiten.
 

Mit den Kirch- und Esslingerberg-Tunneln wurden zwei Flussschleifen abgekürzt, aus Angst vor den gefürchteten Hochwassern für die Trasse nicht die Talsohle, sondern eine leichte Hanglage gewählt. Ab Dollnstein ging es bergauf Richtung Wasserzell, wo der Hirschgrund auf einem 32 Meter hohen Bahndamm überquert wurde. Südlich der Gemeinde entstand der Eichstätter Außenbahnhof mit damals drei Durchgangs- und einem Abstellgleis auf einem 1,5 Kilometer langen, aus dem Schneckenberg herausgesprengten Plateau. Nach einem weiteren Anstieg bis Adelschlag führte man die Strecke im schwach hügeligen Gelände über Gaimersheim bis Ingolstadt hinab. Größtes Bauwerk in diesem Abschnitt war die Ingolstädter Donaubrücke mit drei Öffnungen von je 52,53 Meter lichter Weite. Durchgangsstationen entstanden bei Pappenheim, Solnhofen und Dollnstein sowie Adelschlag, Tauberfeld, Eitensheim und Gaimersheim. Später kamen noch die mittlerweile aufgelassenen Haltepunkte Obereichstätt sowie Ingolstadt Schlachthof hinzu.

Eröffnung 1870
Kurz vor Ostern, am 12. April 1870, wurde schließlich mit einem Sonderzug die Altmühlbahn eröffnet. Während man überall den Zug mit viel Begeisterung empfing, waren die Eichstätter nun doch sehr enttäuscht über die Bahnlinie, die so weit an ihnen vorbei führte. Als einziger Hinweis auf die Eröffnung findet sich so im „Eichstätter Kurier“ die Anzeige eines Lohnkutschers, der fortan für zwölf Kreuzer Fahrgäste von der Stadt zum Bahnhof fuhr. Die Zahl der Züge stieg von anfangs vier schnell auf sieben, die Reisezeit zwischen Ingolstadt und Treuchtlingen betrug zwischen 66 und 105 Minuten. Vor allem für die Steinbrüche war die Bahnlinie natürlich von großem Vorteil. Während in Solnhofen und Pappenheim der Marmor mit schweren Karren zum Bahnhof transportiert werden musste, erhielt das Dolomitwerk Lacher am südlichen Ende des Eichstätter Bahnhofs einen direkten Gleisanschluss. Um Gaimersheim war es vor allem der gebrannte Ziegelstein, der für ein nennenswertes Güteraufkommen sorgte. Überall boomte fortan die Wirtschaft, nicht zuletzt wegen den durch die Bahn neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Allein am Bahnhof Eichstätt taten 1870 61 Bahnmeister, Wechselwärter und Bahnwärter Dienst.
 

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