Die Baureihe 01 150

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Erste Parade in Nürnberg 1935

Gut sieben Wochen nach ihrer Indienststellung  hatte man sie dazu auserkoren, als führendes Fahrzeug die Lokparade am 7. Dezember 1935 zum Jubiläum „100 Jahre Deutsche Eisenbahnen“ zu eröffnen, selbstverständlich mit dem damals üblichen „Schmuck“ in Form des Hakenkreuzes an der Rauchkammertür.

Am 13. November 1973 kam dann das vorläufige Ende der Jubiläumslokomotive von 1935; es war der Tag der Ausmusterung durch die Deutsche Bundesbahn, nachdem man die 01 150 (seit 1968: 001 150-2) schon am 5. November 1973 z-gestellt hatte. Da zu jener Zeit bekanntlich die Ära der Dampflok bei der DB auslief, die Maschinen also entweder verschrottet oder Liebhabern zum Kauf angeboten wurden, bemühte sich der Bielefelder Hemdenfabrikant Walter Seidensticker um solch ein Exemplar. Ursprünglich dachte er wohl an eine etwas leichtere Tenderlok, z. B. eine 64er oder 86er. Auf dem Markt waren aber nur noch „große“ Maschinen, und so erwarb er schließlich die 01 150 zum Schrottpreis, stationiert, wie schon erwähnt, beim Bw Hof. Im Rahmen einer Sonderfahrt wurde die Maschine am 2. November vom Lokomotivführer Friedel Sollinger nebst Heizer nach Bremen überführt. Dort wurde sie einer Nachschau unterzogen und erreichte am 3. November mit Lokführer Braun das Bw Bielefeld. Die Namen der beiden Heizer sind leider nicht mehr bekannt.

Die Zeit in Bielefeld bricht an

Dort fand die 01 150 vorerst Platz auf Gleis 14 des Ringlokschuppens und wurde bei gelegentlichen Anlässen kalt vorgeführt. So dekorierte man damit z. B. das Gleis 2 des Bielefelder Hauptbahnhofes, als am 14. Mai 1977 zum endgültigen Aus des Dampflokzeitalters bei der Deutschen Bundesbahn letztmalig ein Dampfzug im Rahmen einer Sonderfahrt, gezogen von der ölgefeuerten Rheiner 41 113, durch die „Puddingstadt“ fuhr.

Seit 1968 in Bielefeld mit den wunderschönen elektrischen Einheitslokomotiven unterwegs, hatte ich dennoch meine Liebe zur guten alten Dampflok nie geleugnet, zumal ich mich seit dem 1. September 1950 beginnend im Raw „Einheit“ Leipzig-Engelsdorf mit diesen Maschinen beschäftigt hatte und ab 1953 mit jenen als Indizier- und Probefahrtschlosser, danach in Bielefeld als Heizer, später als Führer gern unterwegs war.

Erfahrungen waren vorhanden

So war ich viele Jahre aktives Mitglied bei der Museums-Eisenbahn Minden, wo ich mich maßgeblich an der Aufarbeitung dreier Tenderlokomotiven beteiligte. Zu nennen wären da der B-Kuppler „Alice Heye“ (ehemals Glashütte Heye), die T 13 von der Industriebahn Erfurt (92 638) und der formschöne C-Kuppler 89 6237 aus Dresden; letztere beiden wurden während des Kalten Krieges zwischen Ost und West gegen harte Währung erworben.

Im Rahmen meiner fast täglichen Einsätze auf den Elektrolokomotiven beim Bw Bielefeld zog es mich entweder vor oder nach dem Dienst nicht selten zum Gleis 15, wo die wunderschöne 01 150 vor sich hin schlummerte. Nach und nach verschwanden aber leider auch Kleinteile – die Abstauber waren vor Ort!

Ende 1979 führte ich deshalb ein Gespräch mit dem Eigentümer Walter Seidensticker, der auch als Sammler von Schmalspurlokomotiven schon damals bei den Fans nicht unbekannt war. Ich wollte einfach wissen, wie er über die Zukunft dieses „173 Tonnen schweren Vogels“ nachdachte. Seine Aussage: „Ich kann wohl Hemden verkaufen, aber solch eine große Lok aufzuarbeiten, bin ich nicht in der Lage.“ Ich reagierte sofort und prophezeite ihm, dass sich die 01 150 eines Tages wieder mit eigener Kraft bewegen würde. Ein skeptisches Lächeln konnte er sich dabei nicht verkneifen, das nahm ich ihm auch nicht übel.

Vier „Verrückte“ fangen an …

Also: Am 6. Januar 1980 begann unsere Aktion mit Unterstützung von eigentlich nur drei „verrückten Fans“. Ich nenne da den späteren Bundesbahnamtmann Manfred Diener, den Postbeamten Martin Hahlbohm und den Studenten Jochen Pook, letztere beide bestanden später auch ihre Heizerprüfung. Meine handwerklichen Aktivitäten beschränkten sich als Familienvater auf die Zeiten zwischen den Diensten und gelegentliche Ruhetage, wobei ich dabei von anonymen Briefen an die Bundesbahndirektion Essen hörte, weil wegen dieses Hobbys die Sicherheit bei meinen Einsätzen auf der Ellok in Frage zu stellen sei. Zum Glück aber hatte ich die Vorgesetzten des Bw auf meiner Seite, angefangen beim Chef Bourgeois, dem Oberwerkmeister Hermann Niehaus (†) mit seinen Handwerkern der V-Gruppe und nicht zu vergessen die Lehrgesellen, angeführt durch Karl-Heinz Bruhns. Alle halfen, wenn es nötig war!

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