Die Baureihe 95: Mit Dampf nach Rübeland

Die Baureihe 95 im Harz: Von 1950 bis 1965 setzte das Bw Blanken-burg (Harz) auf der Steilstrecke nach Rübeland Tenderloks der Baureihe 95 ein. Ab 2010 soll hier die 95 027 wieder mit Sonderzügen dampfen.
 
Die 95 027 am 18. Mai 1985 mit einem Sonderzug auf dem Kreuztal-Viadukt. Gut einen Kilometer weiter erreicht der Zug Rübeland (Foto: Detlef Winkler) © Detlef Winkler

Spätestens 2010 soll die ehemalige preußische T 20 an ausgewählten Tagen auf der als „Rübelandbahn“ bekannten Steilstrecke Blankenburg (Harz) – Rübeland Nostalgiezüge bespannen. Warum gerade die 95er?

Die Geschichte der Baureihe 95, der ehemaligen preußischen T 20, begann im Harz bereits in den 1940er-Jahren. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges nahmen die Transportleistungen auf dem Streckennetz der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn-Gesellschaft (HBE) deutlich zu. Vor allem auf der Steilstrecke Blankenburg (Harz) – Hüttenrode – Rübeland verzeichnete die Betriebsleitung der HBE eine erheblichen Anstieg im Güterverkehr. Dies war vor allem der gesteigerten Kalkproduktion in Rübeland und der verstärkten Eisenerzförderung in Braunesumpf geschuldet. Bereits 1941 gab es bei der HBE einen erheblichen Fahrzeugengpass. Die für den Güterzugdienst auf der Steilstrecke vorhandenen Maschinen der Tierklasse (DR-Baureihe 9566) sowie die Loks 10 bis 12 (9367) und 18, 19 (9268) konnten das Verkehrsaufkommen kaum noch bewältigen. Immer wieder wurden die Maschinen bis an ihre Leistungsgrenze gefordert. Die Folge war ein erhöhter Verschleiß, der ab 1941 aufgrund fehlender Ersatzteile und Fachkräfte in der Lokunterhaltung kaum noch ausgeglichen werden konnte.

Vor diesem Hintergrund sah sich die Betriebsleitung der HBE Ende 1941 gezwungen, von der Deutschen Reichsbahn eine Maschine der Baureihe 95 anzumieten. Das Reichsbahn-Zentralamt stellte der HBE die 95 043 zur Verfügung, die am 13. Dezember 1941 im Harz eintraf. Bis zum 9. Januar 1942 setzte die HBE die T 20 im Güterzugdienst ein.

Anfang 1942 stabilisierte sich die Lage im Betriebspark der HBE. Doch bereits 1943 häuften sich die Ausfälle bei den Bergmaschinen wieder. Da die kriegswichtigen Erz- und Kalktransporte auf der Rübelandbahn absoluten Vorrang besaßen, kürzte die HBE das Angebot im Reiseverkehr und mietete abermals Dampfloks von der Reichsbahn an. Zum Jahreswechsel verstärkte 95 037 den Lokbestand der HBE. Am 7. September 1944 übernahm die HBE die 95 045, die aber bereits am 21. September 1944 wieder zurückgegeben werden musste. Mit der T 20 bespannte die HBE bevorzugt Güterzüge auf dem Abschnitt Hüttenrode–Rübeland. Außerdem waren die Maschinen auf der Stammstrecke zwischen Blankenburg (Harz) und Halberstadt im Einsatz.

Probleme im Betriebsdienst
Nach Kriegsende befand sich der Fahrzeugpark der HBE, die 1946 enteignet wurde, in einem Besorgnis erregenden Zustand. Vor allem die vier Maschinen der Tierklasse bereiteten den Eisenbahnern erhebliches Kopfzerbrechen. 1948 waren alle Reserven ausgeschöpft. Damit der Betrieb auf der Steilstrecke aufrechterhalten werden konnte, bemühte sich die Betriebsleitung, bei der Deutschen Reichsbahn abermals eine T 20 anzumieten. Doch der Reichsbahn standen für den Personen- und Güterzugdienst auf den Steilstrecken des Thüringer Waldes selbst nicht genügend Maschinen zur Verfügung. Da jedoch die Kalk- und Erztransporte auf der Rübelandbahn von enormer wirtschaftlicher Bedeutung in der Sowjetischen Besatzungszone waren, überließ die DR der HBE die 95 019, die am 9. Oktober 1948 in Blankenburg (Harz) eintraf.

Zu diesem Zeitpunkt verhandelten die Länder mit der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) in Berlin über die Zukunft der ehemaligen Klein- und Privatbahnen in der SBZ. Mit Wirkung zum 1. April 1949 übergab die DWK die enteigneten Unternehmen der DR, der nun auch die Strecken der HBE unterstanden. Am 1. Januar 1950 nahm daraufhin das Bw Blankenburg (Harz) seine Arbeit auf, das für die Zugförderung auf der Steilstrecke Bw Blankenburg (Harz) – Rübeland – Tanne zuständig war. Bei der zuständigen Reichsbahndirektion Magdeburg waren die Probleme hinlänglich bekannt. Das Bw Blankenburg (Harz) benötigte dringend weitere T 20, da die Rübelandbahn aufgrund der Kalktransporte für die Chemieindustrie sowie der Eisenerz- und Schwefelkiesförderung zu den wichtigsten Strecken im Direktionsbereich gehörte. Die Rbd Magdeburg forderte umgehend weitere Exemplare der Baureihe 95 an. Die Rbd Erfurt musste daraufhin bis zum Herbst 1950 noch 95 020, 95 027 und 95 029 in den Harz abgeben.

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