Die Baureihe V 180: Großer Schritt ins Neuland

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Es gab die Möglichkeit, die Radsätze über Kuppelstangen (wie bei Dampflokomotiven) oder über Kardanwellen anzutreiben. Die DR entschied sich bei Streckenlokomotiven für den Kardanantrieb, auch wenn hierfür gesonderte Achsgetriebe erforderlich waren. Diese elegante Bauart bringt keine unausgeglichenen Massen in das Triebwerk und garantiert eine gleichmäßige Drehmomentübertragung. Für Rangierlokomotiven wurde der robustere und einfachere Stangenantrieb gewählt.

Weil die größeren Einsparungen im Rangier- und Nebenbahnbetrieb zu erwarten waren, wurde die Entwicklung für diesen Bereich vorgezogen. Für Großdieselmotoren und hierfür geeignete Strömungsgetriebe lagen keine Erfahrungen vor, hier musste Neuland beschritten werden. Schließlich wurde die vorgegebene Radsatzfahrmasse von 18 Tonnen + drei Prozent mit 21 Tonnen (ohne Heizkessel) deutlich überschritten.

Projekt V 180-III
Die Erfahrungen mit den V 180 001/002 veranlassten das Ministerium, zwei weitere Probelokomotiven in Auftrag zu geben, bei denen die gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen waren. Diese V 180 003/004 sind als Projekt V 180-III bezeichnet worden.

Man war vor allem darum bemüht, die Fahrzeugmasse zu senken. Auch äußerlich kamen diese beiden Lokomotiven der späteren Serienausführung nahe. Die dreigeteilten Frontfenster im Führerstand waren zwei großen und zwei Eckfenstern gewichen. Beim Strömungsgetriebe musste man wieder auf das L 306 rb von Voith aus St. Pölten in Österreich zurückgreifen, aber die elektrische Ausrüstung stammte schon von LEW Hennigsdorf. Beide Lokomotiven besaßen Heizkessel, und die Ausführung der Drehgestelle glich schon fast der späteren Serie. Neu waren auch die beiden seitlichen Gänge im Maschinenraum, denn die ersten beiden Loks besaßen nur einen Gang. In Zusammenarbeit von LOB, Waggonbau Görlitz und dem Institut für Schienenfahrzeuge gelang eine Verbesserung und Vereinheitlichung der Kühlanlage für V 180 und VT 18.16, die auch für die V 60 verwendbar war.

Durften die V 180 001/002 wegen ihrer zu großen Radsatzfahrmasse nur mit Ausnahmegenehmigung das Schienennetz der DR befahren, galten für das Projekt V 180-III 20 Tonnen + drei Prozent als Obergrenze; für die Serie waren 19 Tonnen + drei Prozent anzustreben.

Man gewann aber die Erkenntnis, dass es unrealistisch war, eine vierachsige Lokomotive von ca. 2.000 PS Leistung mit einer geringeren Gesamtmasse als 80 Tonnen bauen zu wollen. Das hatte auch die Bundesbahn nicht geschafft.

Obwohl es immer wieder Aufenthalte beim Hersteller in Babelsberg und Einsätze bei der VES-M in Halle, dem Bw Halle P und dem Bw Dresden-Pieschen gab, sind die Probeloks V 180 001/002 wegen zu hoher Radsatzfahrmasse und zu vieler Abweichungen von der Serienausführung von der DR nicht übernommen worden. Beide gingen zum Hersteller zurück und sind dort – der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt – 1964 (V 180 002) und 1966 verschrottet worden.

Die Serienausführung
Die V 180 004 entsprach von allen bis dahin gebauten V 180 am ehesten der geplanten Serienausführung, und so stellte man sie auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1963 der Öffentlichkeit vor.
Mit der V 180 005 begann 1963 die Serienfertigung, zunächst als Kleinserie von fünf Lokomotiven, die von März bis Mai 1963 an die Rbd Berlin geliefert wurden. Ebenfalls 1963 sind die Loks
V 180 010 – 019 in Dienst gestellt worden.

Die Kleinserienlokomotiven waren anfangs auf dem Berliner Außenring im Einsatz (nach Werder und Birkenwerder), stets als Vorspann zu einer Dampflok der Baureihen 62 oder 6510, deren Leistung man im Falle des Schadhaftwerdens der Diesellok brauchte. In der Heizperiode benötigte man den Dampf für die Zugheizung, denn außer der
V 180 008 war die Kleinserie ohne Heizkessel geliefert worden. Den bekamen sie erst im Oktober 1963.

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