Durch 39 Tunnel

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Von links mündet die aus Stuttgart kommenden IC-Strecke ein. Durch den 900 Meter langen Hattinger Tunnel, in welchem nochmals die Rhein-Donau Wasserscheide gequert wird, gelangen wir in beständigem Gefälle, vorbei am Städtchen Engen und den erloschenen Hegau-Vulkanen Hohenkrähen und Hohen Twiel nach Singen, wo wir auf die Hochrheinbahn aus Basel stoßen. Kurz darauf erreichen wir in Radolfzell den Bodensee. Über Allensbach und Reichenau wird die Konzilsstadt Konstanz mit Anschluss an die Bodensee-Dampferflotte erreicht. 179 Kilometer sind zurückgelegt, wir befinden uns 398 Meter über N.N.

Geschichte

Die erste badische Eisenbahn, die Oberrheinbahn Mannheim – Heidelberg – Karlsruhe – Basel, entstand zwischen 1 840 und 1 855 in Breitspur von 1.600 Millimetern. Fast gleichzeitig mit Erreichen Basels fand die inzwischen als notwändig erkannte Umspurung auf Normalgleis statt. Zwischen 1856 und 1 863 setzte man die Strecke dem Hochrhein entlang über Waldshut und das schweizerische Schaffhausen bis Konstanz fort, das 1 863 erreicht wurde.

Diese 414 Kilometer lange Strecke mit großem Umweg über das Basler Rheinknie sollte aus zivilen und militärischen Gründen und im Hinblick auf eine zu erwartende Gotthard- oder Lukmanierbahn Richtung Süden schon bald eine Abkürzung bekommen. Diese hatte von Offenburg über den Schwarzwaldkamm in Richtung Waldshut oder Singen an der Hochrheinbahn zu führen.

Nachdem Waldshut aus topografischen Gründen als undurchführbar ausgeschlossen und der Endpunkt in Singen festgelegt war, wurden für diese Schwarzwaldquerbahn verschiedene Linienführungen diskutiert: 1 . Die Bregtallinie Offenburg – Haslach – Furtwangen – Donau- Eschingen – Singen. Dieser sehr teure Entwurf hatte keine Aussicht auf Erfolg. Lediglich der Südteil Donaueschingen – Furtwangen wurde 1 899 als Privatbahn verwirklicht. 2. Die Schiltachlinie Offenburg – Schiltach – Schramberg – Villingen – Singen wäre morphologisch und finanziell die günstigste Verbindung gewesen.

Ihr Scheitel hätte 120 Meter tiefer als der der Sommeraulinie gelegen. Sie schied jedoch aus politischen Gründen aus, da sie in wesentlichen Teilen über württembergisches Gebiet geführt hätte, von Seiten der Politik jedoch eine rein badische Bahn gefordert wurde. 3. Die Sommeraulinie Offenburg – Hausach – Triberg – Sommerau – Villingen – Singen wurde schließlich trotz größter technischer Schwierigkeiten gewählt. Mit dem Ausarbeiten des Projektes wurde der Ingenieur Robert Gerwig beauftragt.

Die Varianten der Sommeraulinie

Das älteste Projekt von 1 846 sah die Erklimmung des Sommeraupasses mittels einer doppelten Spitzkehre und rund 25 Promille Steigung vor. Die Planung von 1 862 sah ab Hornberg eine Ausschwenkung nach Westen und eine Südumfahrung von Triberg vor. Gerwig schlug zur Höhengewinnung bei mäßiger Steigung zwischen Hornberg und Sommerau erstmals eine künstliche Streckenverlängerung mittels zweier doppelter Kehrschleifen vor.

Diese Variante wurde ab 1 864 verwirklicht. Eine Vorgängerentwurf Gerwigs mit 25 Promille Neigung und einem Kreiskehrtunnel oberhalb Tribergs hatte keine Zustimmung gefunden. Es gab damals schon erste Erfahrungen mit Steilstrecken und Gebirgsüberschreitungen ohne künstliche Linienverlängerung in Deutschland. Erwähnt seien die Strecken: – Erkrath – Hochdahl mit 33,3 Promille Neigung (1 841 ), – Neuenmarkt-Wirsberg – Marktschorgast mit 25 Promille Neigung (1 848), – Geislinger Steige mit 22,5 Promille Neigung 1 849).

Das Prinzip der Linienverlängerung zur Höhengewinnung war bis dato nur mit einfachen Kehr - schleifen umgesetzt worden, zum Beispiel bei der Semmeringbahn 1 854 und bei der Brennerbahn 1 867; beide haben 25 Promille Steigung. Die jetzt angewandte Doppelschleife wurde zum Vorbild zahlreicher Gebirgsbahnen in aller Welt, in erster Linie bei der von Gerwig ausgearbeiteten Gotthardbahn.

10.687 Meter in 39 Tunneln

Die Schwarzwaldbahn wurde nach nur neun Jahren Bauzeit am 10. November 1 873 eröffnet. Sie kann aus heutiger Sicht als moderne leistungsfähige Gebirgs-Hauptbahn bezeichnet werden. Leis - tungsminderne Besonderheiten wie Spitzkehren, Zahnstangen oder gar Seilzugbetrieb und sonstige Verirrungen wurden konsequent vermieden. Die Abkürzung der Relation Offenburg – Konstanz beträgt trotz der Kehrschleifen 88 Kilometer gegenüber Oberrhein- und Hochrheinbahn.

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