Endstation Würzburg

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Wiedersehen mit der 144
Nicht nur die 118er, sondern auch die Baureihe 144 sollte im Bw Würzburg fast zeitgleich ein Comeback erleben. Zum 1. Juni 1975 wurden nicht weniger als 19 solcher Lokomotiven vom Bw Nürnberg Hbf nach Unterfranken umbeheimatet. Die 144 übertraf nun zahlenmäßig – wenn auch nur knapp – in Würzburg die Reihe 141! Auch hier befuhren diese Lokomotiven ein großes Einzugsgebiet, das folgende Strecken umfasste:
– Würzburg – Gemünden – Aschaffenburg,
– Gemünden – Schweinfurt – Bamberg,
– Würzburg – Schweinfurt,
– Würzburg – Lauda – Heilbronn,
– Würzburg – Nürnberg,
– Nürnberg – Pleinfeld,
– Nürnberg – Bamberg – Ludwigsstadt – Probstzella,
– Lichtenfels – Coburg – Neustadt (bei Coburg).
Eine Reihe der Lokomotiven erreichte zwischen zwei Untersuchungen einen Laufkilometer-Grenzwert von 400.000 Kilometern. Und das von einer Baureihe, die sich eigentlich bereits am Ende ihrer Laufbahn befand …
Zwar wurde im Juni 1977 verfügt, dass nur solche 144 noch eine Auslaufuntersuchung U 2.8 bekommen durften, die als letzte Untersuchung eine Hauptuntersuchung U 3 (also mit Neuanstrich) erhalten hatten, aber auch dies wurde in der Praxis nicht immer eingehalten.
Erwähnenswert ist zudem 1980 der Einbau einer Hauptbehälter-Luftleitung in fünf Lokomotiven für die Türschließeinrichtung von Nahverkehrswagen des Typs 4nb („Silberlinge“).
Ab 1980 kam es zu weiteren Zugängen von Lokomotiven aus den Bahnbetriebswerken Stuttgart und Rosenheim (auch 145er), die die Abgänge sogar überkompensierten. Daher wies das Jahr 1982 den Höchstbestand der Baureihe 144/145 in Würzburg auf!
Selbst im Güterzugdienst traf man noch vereinzelt die 144 an, so zwischen dem Rangierbahnhof Regensburg Ost und Aschaffenburg oder von Passau nach Regensburg Ost. Gern setzte man die Altbaumaschinen auch vor – selbstverständlich nicht überschweren – Sondergüterzügen ein, mit denen sie unter anderem Bebra, Frankfurt Hgbf und Mainz-Bischofsheim erreichten. Kann es angesichts dieser Vielfalt eine bessere Bestätigung für die Bewährung einer Lokomotivbaureihe über Jahrzehnte hinweg geben?

 

Das Ende naht
Ungeachtet dessen hatten aber 1983 beide Baureihen ihr Einsatzende in Würzburg nahezu erreicht: Umfasste der Sommerfahrplan 1983 beispielsweise für die Baureihe 118 noch elf Plantage, sanken diese im Herbst auf lediglich fünf.
Den Anfang vom Ende bei den Planleistungen machte indes die 144, deren reguläre Einsätze bei der DB am 25. September 1983 endeten. Im Bw Würzburg verblieben zunächst elf Maschinen für Sondereinsätze, die übrigen wurden abgestellt. Gab es solche Dienste anfangs noch recht häufig, gingen sie ab Januar 1984 rasch zurück. Die Abstellung der 144 erfolgte daher zum 31. März 1984. An jenem Tag versah die 144 117 den letzten Einsatz, indem sie zwei abgebügelte 150er vom Rangierbahnhof Würzburg-Zell zum Betriebswerk schleppte.
Nur wenig länger sollte die 118 überleben. Größere Ausmusterungen hatten ihren Bestand zum 1. Januar 1984 bereits auf neun Maschinen schrumpfen lassen. Zu Beginn des Sommerfahrplans 1984 gingen dann die letzten 118-Leistungen auf die Baureihe 111 über, die aber nicht in Würzburg beheimatet war. Da die Reihe 141 das Bw bereits im Mai 1983 vollständig verlassen hatte, bildete der Juni 1984 gleichzeitig das Ende der Plan-Unterhaltung von Elektroloks im Bw Würzburg. Anlässlich einer großen Fahrzeugschau vom 20. bis zum 22. Juli 1984 hatten die noch verbliebenen Maschinen ihren Abschiedsauftritt.
Die meisten Lokomotiven ereilte anschließend das Schicksal der Verschrottung. Erhalten blieben damals aber folgende (zuletzt) Würzburger Loks: 118 003, 008, 024 und 047 sowie 144 039, 119, 150 bzw. 145 170. Als Ersatzteilspender oder Heizlok endeten 144 070, 084 und 085.
Eine insgesamt keine 20 Jahre währende, aber höchst interessante „altbau-elektrische“ Epoche des Bahnbetriebswerks Würzburg hatte 1984 ihr unwiderrufliches Ende gefunden und zumindest in ihren letzten Jahren viele Eisenbahnfreunde aus der gesamten Republik und dem benachbarten Ausland nach Unterfranken geführt.
Ulrich Rockelmann

Im LOK MAGAZIN 6/2011 erfahren Sie alles Wichtige zur Geschichte des Bahnbetriebswerkes Würzburg von den Anfängen bis in die Gegenwart.

Noch mehr Bilder und Infos finden Sie in LOK MAGAZIN 05/11

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