Der Interregio - 1988 fuhr der erste Zug

Interregio - der "neue" D-Zug

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Ein Grundproblem des alten D-Zugs hatte der IR nicht lösen können: das der mangelnden Auslastung. Obwohl die Züge bei den Reisenden sehr beliebt waren, kamen sie selten über mehr als 50 Prozent Belegung. Das führte auch dazu, dass der IR nur zum Teil die Rentabilitätsschwelle erreichte. Auch seine Zwitterstellung zwischen Regionalverkehr (von den Ländern bezuschusst) und eigenwirtschaftlichem Fernverkehr brachte die DB dazu, die rentablen IR lieber durch IC zu ersetzen. Dem entgegen stand die Beliebtheit der Züge bei den Fahrgästen und die damit verbundene – und berechtigte – Befürchtung, bei Ersatz des IR durch teurere Produkte (IC, ICE) Fahrgäste zu verlieren, was sich teilweise auch bewahrheitet hat.

Wendezüge für 200 km/h

Dennoch unternahm man einen letzten Schritt zur Kostensenkung. Um das Umspannen der Lok am Endbahnhof zu vermeiden und Wendezeiten zu verringern, beschaffte man zunächst 20 Steuerwagen für IR-Wendezüge. Das, was heute Standard bei der überwiegenden Zahl der ICs ist, begann 1997 für den IR. Der Kopf des Steuerwagens ist ursprünglich für das Farbdesign des IR entworfen worden, ein Grund, weshalb ihm das heutige Weiß (oder Rot) nicht ganz so gut steht. Für diese Wendezüge kam zunächst die 120 als Zuglok zum Einsatz, später dann auch die 101. Die weiteren Steuerwagen wurden nach Vorbild des IR direkt für den IC beschafft.

Der Rendite geopfert

Schon 1999 wurden erste IR-Linien eingestellt. Die Verbindung Köln – Leipzig (– Berlin), wurde durch IC-Züge ersetzt, die bald für Fahrgäste des VRR zuschlagfrei freigegeben wurden. Die Fahrgäste mussten für das gleiche Angebot nun die höheren IC-Preise zahlen. 2000 und 2001 wurden weitere Linien gestrichen oder gekürzt, der große Kahlschlag kam mit der missglückten Tarifreform 2003. Bis 2006 hielten sich noch einige IRs, das letzte Paar fuhr im Winterfahrplan 2005/06 zwischen Berlin und Chemnitz über Riesa.
Ersatzangebote, wie in IC-Farben gespritzte Triebzüge der Reihe 612 oder die sogenannten IREs („InterRegio-Express“) empfanden viele Fahrgäste zu Recht als Mogelpackung.
Zwischen Leipzig und Nürnberg, Dresden und Düsseldorf (über Kassel) ersetzten ICE mit Neigetechnik die IR, die Nachfrage blieb konstant, die Fahrzeiten änderten sich auch nicht wesentlich und die Erlössituation wohl auch nicht.
Für die Lokomotiven hatte die DB 1986 einen orientroten Lack mit weißem „Lätzchen“ gewählt, der einheitlich alle Streckenloks zieren sollte. Da der neue IR mit bis zu 200 km/h verkehren sollte, kam als Zuglok zunächst nur die 103 in Betracht, daneben auch die 120.1. Für die Betriebsaufnahme 1988 wurden die ersten im neuen Design gespritzten 103 in Hamburg-Eidelstedt zusammengezogen und erhielten einen eigenen Umlaufplan speziell für die IR der Linie 12, die zunächst von Hamburg nach Kassel bzw. Fulda fuhren.
Als das Netz nach der Wiedervereinigung ausgebaut wurde, beschaffte man speziell für die InterRegios die 90 Loks der Baureihe 112.1, die heute überwiegend vor RE-Zügen zu sehen sind. Aber auch 110er in allen Farbvarianten, 111 und 112 (alt) bespannten die Züge. Hinzu kamen 181.2 auf der Moselstrecke vor den Zügen nach Luxemburg. Vor Einführung der Steuerwagen gab es die äußerst unwirtschaftlichen „Sandwich“-Züge mit je einer 112.1 an den Zugenden (so zwischen Leipzig und Norddeich).

Große Typenvielfalt an der Spitze

Es fuhr fast alles vor den Zügen, was die DB im Fahrzeugbestand hatte und schneller als 120 km/h zu laufen vermochte. Im Westen die 103, 110, 111, 112 und 120, sowie die 218 auf nicht elektrifizierten Strecken und im Osten neben der 112 und 143 auch die 232 (234), 219, 229 sowie die 180.
Für die InterRegios auf der „Mitte-Deutschland- Bahn (Düsseldorf – Hamm – Kassel – Erfurt – Chemnitz) wurden die „U-Boote“ der Baureihe 219 neu motorisiert, um dann wenige Jahre später ebenso überflüssig zu werden wie die Züge, die sie ziehen sollten. Mit dem Ende des InterRegios einher ging auch das Ende eines flächendeckenden schnellen Reisezugnetzes. Heute sind schon mehrere Großstädte (z. B. Mönchengladbach, Krefeld, Gera, Görlitz, Chemnitz) vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abgeschnitten. Private Anbieter sind zum Teil in die Bresche gesprungen und bieten Regionalfernzüge an, die im Komfort dem IR ähneln.

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