Possendorfer Heddel

Die Sachsen kommen auch mit komplizierten Lokomotiven gut klar. Ein Beleg dafür ist die Meyer-Gelenklok der Baureihe 980, die im Dresdener Vorort- und Güterverkehr lief und auch den Windberg erkletterte. Eine Lok, die 98 001, blieb erhalten. Von Manfred Weisbrod
 
Hartmann baute 1891 (Fabriknummer 1659) die Lok CROTTENDORF. Diese Meyer-Bauart war entschieden kleiner als die ab 1910 gelieferte I TV und auch wenig erfolgreich	Slg. Manfred Weisbrod © Slg. Manfred Weisbrod

Auf der Windberg-Bahn (vorgestellt im LOK MAGAZIN 11/2010) waren die dort eingesetzten B-Kuppler der sächsischen Gattung VII T bald an der Grenze ihres Leistungsvermögens, auch wenn sie Vorspanndienst bekamen. Eine vierfach gekuppelte Lokomotive war erforderlich. Bei der geforderten Krümmungsbeweglichkeit boten sich die Bauarten Mallet oder Meyer an, also Lokomotiven mit geteiltem Triebwerk.
Hartmann in Chemnitz baute 1891 probehalber zwei Meyer-Lokomotiven, die die Gattungsbezeichnung MI TV und die Namen CROTTENDORF und RASCHAU bekamen, aber nicht auf der Windberg-Bahn eingesetzt worden sind. Es blieb bei diesen beiden Lokomotiven, die in sie gesetzte Erwartungen nicht erfüllen konnten, weil sie erhebliche konstruktive Mängel besaßen. So war die Hochdruckmaschine im hinteren Drehgestell untergebracht, wodurch sich unnötig lange Wege für den Hochdruckdampf ergaben.
Als Schmalspurlokomotive (750 mm Spurweite) war die Bauart Meyer sehr erfolgreich. Ab 1892 entstanden bei Hartmann 96 Lokomotiven der Gattung IV K, von denen heute noch 22 Stück existieren, viele davon betriebsfähig. Für die Regelspurlokomotive ging man 1898 zur Bauart Mallet über, bei der die Hochdruck-Dampfmaschine fest im Rahmen angeordnet war und es nur eine bewegliche Dampfleitung zur Niederdruck-Maschine im Drehgestell gab. Die vierfach gekuppelte Schlepptenderlokomotive der Gattung I V erreichte aber auch keine große Verbreitung.
In Sachsen erfreute sich die Bauart Meyer weiterhin einer großen Beliebtheit, für die es eigentlich keine rationale Erklärung gibt. Als 1910 für die Windbergbahn, die 1857 als reine Kohlenbahn eröffnet worden war, auch der normale Reise- und Güterverkehr aufgenommen wurde, war eine vierfach gekuppelte Lokomotive nicht mehr zu umgehen. Man wählte nicht die Bauart Gölsdorf mit seitenverschiebbaren Kuppelradsätzen, die zu diesem Zeitpunkt schon bekannt und erprobt war, in Sachsen als E-Güterzuglokomotive der Gattung XI mit drei verschiedenen Dampfmaschinenbauarten. Man wählte auch nicht die Bauart Mallet, sondern wieder die Bauart Meyer mit zwei angetriebenen Drehgestellen. Die Bauart Fairlie (zwei Langkessel mit einer gemeinsamen Feuerbüchse und zwei Triebdrehgestellen) schied wegen ihrer zur großen Masse und der zu komplizierten Bedienung aus.

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