Schnellfahrlok 18 201: Reines Zuschussgeschäft

Vom Erhalt der „Hochräder“ - Manfred Weisbrod porträtierte im LOK MAGAZIN 9/2009 kenntnisreich die 18 201 und ihre Geschichte, insbesondere anlässlich des 70. „Geburtstages“ ihres Kerns, der 61 002. Der letzte Absatz „Ausklang mit Missklängen“ bedarf allerdings einiger Ergänzungen bzw. Richtig-stellungen. Niemand weiß das besser als Axel Zwingenberger …

 
Am 30. Juni 2007 führt die 18 201 einen Sonderzug bei Reuth durch das Vogtland in Richtung Adorf Foto: Mathias Rausch © Mathias Rausch

Jedes Museum verfügt nur über den (finanziellen) Spielraum, den ihm sein Eigentümer oder Betreiber einräumt, und dieser Spielraum ist begrenzt. Angesichts der Zielsetzung des Börsengangs der Bahn gilt dieses gerade auch für das DB Museum. Vor dem Hintergrund hunderter DB- wie DR-Fahrzeuge im Bestand des DB Museums wurde dieser 1999 in drei Kategorien eingeteilt. In die höchste Kategorie „Kernbestand“ mit etwa 70 Fahrzeugen wurden u. a. alle ex-DR-Hochradpacifics eingereiht, so auch die 18 201. Sowohl Verkauf als auch Wiederinbetriebnahme wurden für diese Fahrzeuge kategorisch ausgeschlossen. Eine Verkaufsausschreibung für 18 201 gab es nicht.

Im Rahmen von Vertragsverhandlungen über ein gemeinsames Kulturprojekt zwischen der zu diesem Zweck neu gegründeten Dampf-Plus GmbH und dem DB Museum wurde im Frühjahr 2000 zunächst für 03 1010 der Ausschluss der Wiederinbetriebnahme zurückgenommen, um sie u. a. mit dem Ausstellungszug „Vom Zauber der Züge“ unter Dampf der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Zum damaligen Zeitpunkt waren Kooperationen zwischen dem DB Museum und investierenden privaten Partnern seitens der Museumsführung ausdrücklich erwünscht, wie in der Folge auch öffentlich erklärt wurde.

Folgerichtig wurde später ebenfalls für 18 201 die Wiederinbetriebnahme gestattet und ein diesbezüglicher Vertrag geschlossen. Damit konnten diese Loks in Kooperation zwischen der Dampf-Plus GmbH und dem DB Museum auf Kosten von Dampf-Plus 2000 (03 1010) bzw. 2002 (18 201) im DB-Dampflokwerk Meiningen betriebsfähig aufgearbeitet werden. Dampf-Plus wurde Betreiber der Loks, das Eigentum verblieb weiterhin beim DB Museum. Halle an der Saale blieb Heimatstandort, und die 03 1010 wie auch die 18 201 wurden stets von ihrem Stammpersonal betreut.

Nach gleichem Modell waren auch die betriebsfähige Aufarbeitung der ehemaligen DR-Traditions- und nunmehrigen DB-Museumsloks 01 531 und 44 1093 (beide aus Arnstadt), 03 001 (aus Dresden) und der bei der DB noch vorhandenen Wagen des DDR-Regierungszugparks vertraglich vereinbart und zum Teil bereits erste Schritte dazu unternommen worden.
Die Kooperation zwischen dem DB Museum und Dampf-Plus erwies sich leider nach einiger Zeit als nicht lebbar. In der Folge kam es für Dampf-Plus u. a. zu erheblichen Schwierigkeiten, das noch bei der DB tätige Stammpersonal auf den bereits laufenden 03 1010 und 18 201 einzusetzen. Da die Maschinen damit nur erschwert für Fahrten verfügbar waren (der Einsatz des Stammpersonals aus Halle war unabdingbare Voraussetzung und vertraglich festgelegt), wurde Anfang 2004 eine Aufhebungsvereinbarung der bestehenden Kooperationsverträge zwischen Dampf-Plus und dem DB Museum geschlossen. Damit ging das Eigentum der 18 201 an Dampf-Plus über und die Betriebsführung der 03 1010 wieder an das DB Museum zurück. Die geplanten Inbetriebnahmen der anderen genannten Fahrzeuge waren bereits 2003 storniert worden.
 

Keine Spekulation, eher Zuschussgeschäft
Die 18 201 war schon 1997 in den Denkmalbestand des Landes Sachsen-Anhalt eingereiht worden, nicht erst nach 2004. Zum Stichwort „Spekulantentum“ sei folgendes bemerkt: Die Praxis zeigt, dass schon die Kosten, die eine große Schnellzuglok in Unterhalt und Betrieb verursacht, jede wirtschaftlich aussichtsreiche „Spekulation“ ausschließen. Garantiert sind hierbei nur große finanzielle Verluste!

18 201 ist seit 2004 in Nossen beheimatet und wird nach wie vor von ihrem Hallenser Stammpersonal unter der Leitung von Peter Weißhahn betreut und gefahren. Sie unternimmt regelmäßig Fahrten auch über weite Distanzen und belegt weiterhin eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit und das Weltniveau der DR-Dampfloktechnik.
 

Seit der Abstellung der Dresdener und Arnstädter „Hochräder“ im Jahr 2000 waren bzw. sind die von Dampf-Plus wieder unter Dampf gesetzten 03 1010 und 18 201 neben der Cottbuser 03 204 die letzten betriebsbereiten Pacifics im ehemaligen DR-Bereich. Es besteht berechtigte Hoffnung, dass die 18 201 auch weiterhin unter Dampf erlebt werden kann.

Hoffentlich gilt das in Zukunft auch einmal wieder für die Hallenser 03 1010, die seit dem Ablauf ihrer Untersuchungsfristen im November 2008 kalt abgestellt ist. Unzählige Eisenbahnfreunde haben sich an diesen schönen Maschinen in diesem Jahrtausend schon erfreuen können. Was daran „unerfreulich“ sein soll, vermag ich nicht nachzuvollziehen.

Von Axel Zwingenberger

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 02/10

Tags: 
Weitere Themen aus dieser Rubrik

ET 184 41, 42/ ET 185 01: Elektrische Pioniere

Am 4. Dezember 1895 eröffnete die Localbahn AG in Württemberg zwischen Meckenbeuren und Tettnang die erste elektrische Vollbahn in Europa.

Für den...

weiter

Baureihe 140 im Emsland: Die Funken schlagen

Im Emsland tummelten sich früher die Dampflokfans. Doch Geschichte wiederholt sich: Das Emsland zieht heute Ellok-Nostalgiker an. Warum das so ist, lesen Sie hier!

Lokführer im Ruhrgebiet in den 1970ern: Oft um den Kirchturm herum

In den frühen 1970er-Jahren arbeitet Peter Schricker als Lokheizer im Bahnbetriebswerk Duisburg-Wedau. Seine Dampflok-Einsätze sind die typischen jener Jahre:... weiter