Schönster Bahnhof Europas?

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Breite Zugänge führten zu den je zwei Wartesälen der I., II., III. und IV. Klasse. In diesen Gängen lagen auch der Speisesaal, Frauenräume, Aborte, Wasch- und Baderäume. Eine Raumgruppe mit Vorzimmer war dem Gefolge hoher Herrschaften vorbehalten. Von dort aus bestand auch ein Zugang zu den Speiseräumen.  Damals gab es auch noch je ein Anrichtezimmer, Waschzimmer und Aborte für Damen bzw. für Herren.  

Zügiges Umsteigen
Schmale Bahnsteige wurden für den Gepäcktransport benutzt, und am westlichen Hallenende verband ein Personentunnel die neun Zungenbahnsteige für das schnelle Umsteigen. Zwei Tunnel mit hydraulischen Aufzügen dienten dem Übergang des Eilguts, des Gepäcks und der Bahnpost. 

Der neue Bahnhof war seinerzeit in Frankfurt das erste öffentliche Gebäude, das vollständig mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet war. Dafür war in etwa einem Kilometer Entfernung eine Kraftstation mit zwei Dampfmaschinen von je 750 PS Leistung errichtet worden. 

Sechs Wasserpumpen, von den Dampfmaschinen angetrieben, förderten auch das Wasser zum 40 Meter hoher Wasserturm mit 800 m3 Fassungsvermögen. Er allein deckte den Trink- und Brauchwasserbedarf des Bahnhofs.

In jeder Hinsicht ein Meisterstück
Er verkörperte damals eine baukünstlerisch-technische Gesamtleistung in höchster Qualität und den hohen Stand der Baukunst und Technik, ja, wurde sogar für unübertrefflich gehalten. Doch erreichte er bald die Grenzen der Belastbarkeit, wenn auch die Verkehrsanlagen derart großzügig angelegt waren, dass sie steigenden Anforderungen bis heute genügen, selbst wenn im Inneren immer wieder kleinere Veränderungen notwendig waren.

Vor allem verursachten die geringe Zahl an Gleisen und ihre zu geringe Länge immer wieder Betriebsstörungen und Unpünktlichkeit, weil die länger gewordenen Züge in den Weichen hielten und andere behinderten. Deshalb wurden bereits 1905 die ersten Projekte für die Erweiterung des Hauptbahnhofs bearbeitet.

Sechs Gleise zusätzlich
Von 1912 – unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg – bis 1924 wurde die Kapazität des Bahnhofs von 18 auf 24 Gleise erweitert, verantwortlich zeichnete der Architekt Armin Wegner. An die drei großen Bahnsteighallen wurden nördlich und südlich zusätzliche Hallen angebaut. Die 1.133 Tonnen schwere Stahlkonstruktion lieferte und montierte die bekannte Stahl- und Brückenbaufirma Jucho, Dortmund und Hamm.

Die zur Verbreiterung notwendigen Gebäudeteile wurden so weit von der ursprünglichen Frontseite zurückgesetzt, dass die Gesamtstruktur kaum durch diese Veränderungen litt. Jetzt erhielten auch die Züge der Homburger Bahn ein eigenes Gleis in der neuen Nordhalle.  Umbauarbeiten waren nun an der Tagesordnung: Zum Beispiel wurden die Bahnsteighöhen auf 76 Zentimeter angehoben.

Für die Gepäcktransporte wurden die Eingangshalle und der Querbahnsteig unterkellert, unter dem breitesten Mittelbahnsteig ein 4,5 Meter weiter Längstunnel angelegt und die Einbauten auf dem Querbahnsteig entfernt. All diese Arbeiten wurden bei vollem Publikumsverkehr erledigt! 

Die Zahl der Fahrkartenschalter wurde von 14 auf 28 verdoppelt, neu entstanden Bahnsteigsperren mit 62 Durchlässen sowie 24 Zugzielanzeiger. Frankfurt (Main) Hbf stand zu Beginn der 1930er-Jahre hinsichtlich seiner Größe und Bedeutung unter den 8.562 deutschen Bahnhöfen nach Leipzig Hbf und München Hbf an dritter Stelle.

1957 – ein neues Zentralstellwerk
Seit dem 11. August 1957 wird der Eisenbahnknoten Frankfurt (Main) Hbf einschließlich der 75 Kilometer Zulaufstrecken vom Zentralstellwerk „Fpf“, dem damals größten der Bundesbahn, gesteuert. Der seinerzeit neueste Stand der Technik wurde dafür vorgesehen: Femsteuerung für 22 Betriebsstellen, Zugnummernmeldung, Zugzeitdrucker, Störungsdrucker, Störungssprecher, Betriebsdrucker.

Der Zug sucht selbst den Weg
Neu war die selbsttätige Zuglenkung mit Hilfe kodierter Zugnummem für solch einen großen Bahnhof. Die DB hatte sie bislang nur für kleinere Bahnhöfe zugelassen, befürchtete sie doch, auf großen Bahnhöfen könnte der automatische Zugzulauf sich eher als hinderlich erweisen, weil erfahrungsgemäß auf ihnen aus verschiedenen Gründen häufig von der Bahnhofsfahrordnung abgewichen werden muss.

  Dieser Gefahr ging man aus dem Weg, indem die Kennung gesperrt bzw. der Zugnummer eine Null vorangesetzt wurde. Der Fahrdienstleiter kann dann den Zuglauf auch einzeln steuern. Im Regelfall jedoch geben die Zulaufbahnhöfe vor die Zugnummer einen Richtungsbuchstaben ein.

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