Schönster Bahnhof Europas?

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Die Stadtväter zeigten sich überrascht, hielten sie doch den innerstädtischen Schienenverkehr für eine Domäne der Straßen- und der U-Bahn. Dass es dann doch zum Bau der die Stadt durchquerenden S-Bahn kam, lag vor allem daran, dass man die Pendler nicht massenhaft auf dem Hauptbahnhof von den Nahverkehrszügen in die U-Bahn umsteigen lassen wollte.

Außer dem ausgeführten Ost-West-Tunnel sollte es auch einen in Nord-Süd-Richtung geben, wie es überhaupt weitere Projekte gab, die nie ausgeführt worden sind. Deshalb blieb nach wie vor der Frankfurter Osten verkehrstechnisch benachteiligt. Reisende verlieren viel Zeit. 

Der Hauptbahnhof indes behauptete sich als Kreuz des Femverkehrs mit all seinen Vor- und Nachteilen, die sich nicht zuletzt in Zugverspätungen auswirken. Der Reisende in den über teure Neubau- und Ausbaustrecken fahrenden Zügen verliert beim Umsteigen in Frankfurt (Main) Hbf Zeit, wenn bei Verspätung die Anschlusszüge nicht warten können.

Das „Qualitätsloch Hauptbahnhof“ ist außerdem durch niedrige Ein- und Ausfahrgeschwindigkeiten sowie Umwege für Züge nach dem und vom Osten gekennzeichnet. 1984 schlug die Technische Hochschule Darmstadt einen viergleisigen Tiefbahnhof für Fern- und Regionalzüge und eine zweigleisige Tunnelstrecke zum Ostbahnhof vor.

Finanziert werden sollte das Projekt vom Verkauf der acht Hektar überflüssiger Fläche auf der Südseite des Hauptbahnhofs. Während die Stadt und das Land diesen Vorschlag begrüßten, hielt sich die Bundesbahn zurück, weil sie den Behauptungen zur Wirtschaftlichkeit nicht glaubte. Die Darmstädter Studie ist dann die Grundlage für das Projekt „Frankfurt 21“ geworden.

In weiteren Studien und Diplomarbeiten ist die Verlegung des Hauptgüterbahnhofs vorgeschlagen worden. Es gab auch Ideen, wie die von Rolf Nattermüller, den Hauptbahnhof durch einen um 90 Grad gedrehten Tiefbahnhof zu ersetzen, oder die von Hansjörg Bohm, den Bahnhof und die zulaufenden Strecken unterirdisch anzulegen, die Abstellanlagen und den Hauptgüterbahnhof entfallen zu lassen. 

Das zuletzt genannte Projekt ist jedoch nicht mit den Plänen zu „Frankfurt 21“ identisch, weil es den Ost-West-Verkehrsstrom und die Abwicklung der endenden und beginnenden Züge nicht berücksichtigte. Nach all den Querelen um „Stuttgart 21“ ist man vorsichtiger geworden mit Projekten, die Kopfbahnhöfe um jeden Preis unter die Erde verbannen wollen.

Ein Artikel aus LOK MAGAZIN 07/13.
 

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