V 180 durch Altbau-01 ersetzt: Einen Schritt vor, zwei zurück

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Erstmals 01er in Dresden
Zu den wichtigsten Aufgaben des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Dresden-Altstadt, das 1967 mit dem benachbarten Güterzug-Bw Dresden-Friedrichstadt im neuen Groß-Bw Dresden aufging, gehörte seit jeher der Schnellzugdienst auf der Strecke nach Berlin. Ende der 1940er-Jahre hielt die Dienststelle dafür in erster Linie die Baureihe 180 (die sächsische XX HV) vor.
Später verstärkten die auf Kohlenstaubfeuerung umgebauten Einzelgänger 07 1001 und 08 1001 den Fahrzeugpark des Bw Dresden-Altstadt, das die beiden Vierzylinder-Verbundloks aus Frankreich jedoch nur sehr selten einsetzte. Mit der Übernahme der 03 1087 im Januar 1954 begann die Ära der Baureihe 0310 in Dresden-Altstadt, die bis zum Frühjahr 1959 währte. Anschließend wies die Deutsche Reichsbahn dem Bw Dresden-Altstadt Reko-Maschinen der Baureihe 22 zu, die aber nur kurze Zeit auf der Berliner Strecke im Einsatz waren.
Bereits im Sommer 1959 übernahm das Bw Dresden-Altstadt die ersten Exemplare der Baureihe 03, die ab Winter 1959/60 mit Schnellzügen in Richtung Berlin fuhren. Dazu gehörte auch der so genannte Städteschnellverkehr, den die Reichsbahn am 2. Oktober 1960 aufnahm. Die Züge des Städteschnellverkehrs verbanden die Hauptstadt Berlin mit ausgewählten Bezirksstädten. Zu Beginn der 1960er-Jahre verbesserte die DR kontinuierlich das Angebot zwischen Berlin und Dresden. Damit einher ging der schrittweise, zweigleisige Ausbau der Strecke sowie die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h. Dadurch konnten die Fahrzeiten verkürzt werden.
Bereits 1964 hielt die moderne Traktion auf der Strecke Dresden – Berlin Einzug. Zwei Exemplare der Baureihe V 180 übernahmen im Winterfahrplan 1964/65 die Züge Ex 39, D 50, D 1130 und E 359. Mit dem Eintreffen weiterer Exemplare der Baureihe V 180 konnte der Traktionswechsel im hochwertigen Reisezugdienst in der Folgezeit erheblich vorangetrieben werden. Im Winter 1966/ 67 bildeten die Baureihen 03 und V 180 das Rückgrat im Eil- und Schnellzugdienst des am 1. Januar 1967 geschaffenen Groß-Bw Dresden.
Doch angesichts der steigenden Zuggewichte und der möglichen 120 km/h auf der Berliner Schiene hatte die Baureihe 03 ihre Leistungsgrenze erreicht. Seitens der vorgesetzten Dienststellen gab es zudem Zweifel, ob die Baureihe V 180 auf Dauer den Ansprüchen gewachsen sei. Dies führte schließlich zu dem Entschluss, die Baureihe 01 nach Dresden umzusetzen.
Als erste ihrer Art traf 01 114 am 4. Januar 1967 an der Elbe ein. Bis zum 24. Februar 1967 folgten 01 118, 01 120 und 01 207, von denen täglich drei Maschinen für den Plandienst benötigt wurden. Doch die Baureihe 01 übernahm nicht nur Leistungen der Baureihe 03, sondern auch Aufgaben der Baureihe V 180 im Berlin-Verkehr, was aus Sicht der Leitung des Bw Dresden einen Rückschritt hinsichtlich des Traktionswechsels bedeutete. Viel lieber hätte die Abteilung Triebfahrzeug-Betrieb – Tb – weitere Dieselloks übernommen.
Die Verärgerung bei der Bw-Leitung war groß, wie ein Schreiben des Vorstehers an die vorgesetzte Verwaltung der Maschinenwirtschaft der Rbd Dresden zeigt. Darin hieß es: „Allen Kollegen der Abteilung Tb ist unklar, warum ein Austausch der BR V 180 gegen 01 erfolgen soll. Es gibt (...) keine sachlichen Gründe für diesen Schritt. (...) Die vorgeschlagene Veränderung stellt eindeutig eine Rückwärtsentwicklung in Fragen des Traktionswechsels dar (...). Damit wird die gesamte Problematik zu einem politisch-ideologischen Problem.
Wie und mit welchen Argumenten soll der Austausch (...) erläutert werden (...)? Wie soll den Kollegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen (...) erläutert werden? (...) Es steht (...) außer Zweifel, daß es bei der Durchsetzung der Maßnahme zu ernsthaften Resignationserscheinungen seitens der Dienstplangemeinschaften als auch unserer Leitung kommen wird (...?).“
Doch die Einwände halfen nichts: Der Bestand der Baureihe 01 des Bahnbetriebswerkes Dresden wurde bis zum 1. Juli 1967 auf fünf Maschinen aufgestockt, von denen planmäßig drei benötigt wurden. Mit der Übernahme weiterer Schnellzugloks pendelte sich im Sommer 1968 der durchschnittliche Bestand der Baureihe 01 im Bw Dresden auf sieben Exemplare ein. Die Dresdner Eisenbahner pflegten ihre Maschinen bis zum letzten Tag mit viel Engagement. 01 050 und 01 137 waren einige Zeit von einer Jugendbrigade besetzt.
Mit dem Fahrplanwechsel am 26. Mai 1968 wurden täglich vier Maschinen für den Plandienst benötigt. Eine weitere stand in der Einsatzstelle Dresden-Altstadt täglich für Sonderdienste zur Verfügung. Haupteinsatzgebiet der Maschinen war die Strecke Dresden – Berlin.

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