Unterwegs mit dem Alleskönner Baureihe 218

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Was nun geschieht, möchte wohl kein Autofahrer erleben: Knapp 1.000 Liter Diesel schluckt die Lok! Insgesamt beträgt das Fassungsvermögen des Tanks rund 3.500 Liter. Auch das Personal gönnt sich jetzt einen Schluck zur Erfrischung – dies jedoch in Form von kühlem Spezi und in ungleich geringeren Mengen. Dann muss die 218 464 auch schon wieder an den Zug, um diesen später zurück nach München zu schieben.

Tobias Nöser und Markus Eike wechseln indes zum zweiten Mal an diesem Tag die Lok: Nun gilt es, die 218 488, die gerade mit einer Regionalbahn aus Augsburg angekommen ist, zu übernehmen. „Alles in Ordnung mit dem Zug“, berichtet der ankommende Lokführer, und schon ist die Ablösung erledigt. Nachdem die Fahrgäste aus den Anschlusszügen umgestiegen sind, folgt ein schriller Pfiff des Zugführers, und mit dem so typischen „klapp-klapp-klapp“ schließen sich die Türen der drei n-Wagen. Auf zur letzten Etappe!

Über den baden-württembergischen Streckenabschnitt Tannheim – Leutkirch – Kißlegg – Wangen führt die Fahrt nun nach Hergatz, wo wieder die zweigleisige Allgäubahn erreicht wird, die man zuvor in Buchloe verlassen hatte. Kaum zu glauben, dass hier auch die EuroCity-Linie von München nach Zürich verläuft, denn auf der eingleisigen und krümmungsreichen Strecke dürfen selten mehr als 100 km/h gefahren werden. In den verträumten Bahnhöfen müssen die Geschwindigkeiten teils noch weiter reduziert werden – beispielsweise in Leutkirch, wo die Strecke einen 90-Grad-Bogen beschreibt. Einige Kilometer weiter, zwischen Wangen und Hergatz, stehen sogar noch die alten Telegrafenleitungen, sodass man sich bei der Fahrt auf dem urigen Führerstand durchaus in die 1970er-Jahre zurück versetzt fühlen kann – es fehlen nur noch Schlaghosen, lange Haare und Vollbärte!

Aus verkehrspolitischer Sicht lässt sich hier wohl einiges kritisieren, doch für die Freunde klassischer Dieseltraktion und alter Bahntechnik kommt diese Region einem kleinen Paradies gleich. Zugegeben, der wunderbare Blick auf die schneebedeckten Alpen an diesem herrlichen Tag lässt manches etwas übertrieben kitschig erscheinen. Doch auch die beiden Lokführer, die hier fast täglich unterwegs sind, genießen ihre Arbeit mit der 218 in dieser Region – das merkt man ihnen an.

Und als Markus Eike in Hergatz den Motor verstummen lässt, meint er: „Wenn mit der 218 einmal Schluss ist, werde ich eine Träne wohl nicht unterdrücken können …“   

Felix Löffelholz

Weitere Informationen und Bilder finden Sie im LOK MAGAZIN 10/10!
 

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