Bestand 1933: 92 Loks

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Seit 1. März 1921 wurde es als „Bw Leipzig Hbf West“ bezeichnet. Das ergab sich aus der Festlegung, dass der ehemals preußische Teil des Hauptbahnhofes, verwaltet von der Reichsbahndirektion (Rbd) Halle, betrieblich nun als Westseite und der ehemals sächsische Teil (Rbd Dresden) nun als Ostseite bezeichnet wurde. Die bisherigen sächsischen Betriebswerke Nord und Süd behielten ihre Bezeichnungen bei. Eine Übernahme des gesamten Bahnhofsgebiets durch eine Direktion scheiterte an den völlig unterschiedlichen Betriebsvorschriften, die nur nach und nach angepasst werden konnten. Erst ab 1. Oktober 1934 verwaltete die Rbd Halle den gesamten Raum Leipzig.

Das Bahnbetriebswerk übernahm ab 1922 viele Aufgaben, die bisher des Maschinenamt inne hatte. Das waren u. a. die Personal- und Dienstplanangelegenheiten, die Überwachung der technischen Anlagen, die Regelung des Lokbetriebes, die Beschaffung von Betriebsstoffen und Ersatzteilen, die Fristenplanung der Lokomotiven sowie die Erstellung der Lohnunterlagen und die Ermittlung der Lokleistungen und der Werkstattkosten. Dem Bw war auch ein Gerätewagen für den Hilfszugeinsatz zugeteilt. Bereits seit 1919 war im Bw eine Lokdienstleitung eingerichtet worden, die als Ansprechpartner für die bereits 1916 gebildeten Zugleitungen diente. Das nun eingeführte bahneigene Fernsprechnetz machte diese operative Zusammenarbeit überhaupt erst möglich. Der ganze Betrieb wurde nun von einem Dienstvorsteher im Range eines technischen Reichsbahn-Oberinspektors geleitet.

  Dampfbetrieb zur Reichsbahnzeit
Mit den Gattungen S 6, S 102, P 42, P 8, T 3, T 13 und T 141 begann die Reichsbahnzeit im Bw. Erst im Laufe des Jahres 1927 erhielt das Bw die Baureihe 39, die aber zumeist für Schnellzüge eingesetzt wurde. Sie kamen auf den bekannten Strecken nach Gera – Saalfeld, Erfurt und Berlin zum Einsatz. Über Erfurt hinaus gab es nun einen Lokdurchlauf bis Kassel. Die Loks der Baureihe 172 (S 102) fuhren Schnellzüge nach Cottbus – Sagan, leisteten aber ansonsten Bereitschafts-, Vorspann- und Personenzugdienste. Für die Baureihen 38 und 935 gab es reichlich vor Personenzügen zu tun.

Für die neuen Einheitslokomotiven der Baureihe 01 der Rbd Erfurt und Berlin mussten 1925 beide Drehscheiben durch Neubauten mit 23 Meter Durchmesser ersetzt werden. Die ersten Einheitsloks im Bw waren im Oktober 1928 die Heißdampf-Rangierloks der Baureihe 80, die den Rangierdienst vor allem auf dem Hauptbahnhof beschleunigen sollten und hier die alten T 3-Loks ersetzten. Trotzdem blieben letztere dem Bw noch in nennenswerter Stückzahl bis Kriegsende erhalten.

Erst im Sommer 1932 erhielt das Bw fabrikneu die leichten Einheitsschnellzug-Lokomotiven der Baureihe 03 (03 074 – 080), die bereits zwei Jahre später durch Neulieferung der Loks 03 151 – 153 und 154 – 158 abgelöst wurden. Sie führten zur Abgabe der Baureihe 39 und zur Verringerung des Bestandes an Loks der Baureihe 172. Von beiden Baureihen verblieben noch je vier bis fünf Loks auf Dauer hier. Als die 01 118 – 121 Anfang 1935 im Bw eintrafen, konnten einige 03-Loks an das Bw Leipzig Nord, nun zur Rbd Halle gehörig, abgegeben werden. 1938 gesellte sich noch die 01 225 dazu.

Die stromlinienverkleideten Loks der Baureihe 0110 (1001, 1053 – 1055 und 1066 – 1068) kamen für den gedachten Einsatz im Schnellverkehr zu spät, die Höchstgeschwindigkeit aller Züge war auf 120 km/h infolge des Kriegszustandes beschränkt worden. Lange blieben die Loks nicht in Leipzig, bis Juni 1944 waren alle in Richtung Westen versetzt worden.
Die Zahl der eingesetzten Schnellzuglok verringerte sich gegen Kriegsende zusehends, weil größere Reparaturen als nicht kriegswichtig entfallen mussten. Dagegen kamen vermehrt Kriegslok der Baureihe 52 zum Bw, mit denen man alle Züge fahren konnte. Zuletzt wurden im März 1945 noch die 52 2878, 2886 und 2887 im Bw West in Dienst gestellt. Ab Anfang 1945 wurden dem Bw Ostrückführloks verschiedener Gattungen zugeführt, die betriebsfähigen wurden sofort verwendet. Belgische oder französische „Leihloks“ wurden dagegen im Bw nicht eingesetzt.

Den vollständigen Artikl von Wolfgang Müller, noch mehr Bilder und Infos finden Sie im Heft 01/12.

Der zweite Teil unseres Porträts dieses bedeutenden Bahnbetriebswerkes behandelt die Zeit von 1945 bis zur Schließung 2004.

 

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